Von Dieter Hanke
Auf 300 Meter Länge hat sich die Freiberger Mulde in Nossen ein neues Flussbett gegraben. Das Hochwasser schüttete den alten Verlauf mit Geröll und Unrat zu.
„Welch gewaltige Kraft hat das Wasser“, sagt der Nossener Tierarzt Claus Otto. Hinter der Tierklinik an der Fabrikstraße hat sich die Freiberger Mulde ein neues Bett erobert. Auf etwa 300 Meter Länge gruben sich die Sturzfluten einen neuen Verlauf. An die 60 Meter liegen zwischen den beiden Flussläufen. Auch der neue weist Bögen auf. Die Mulde spülte hier auf einer Wiese zum Kirschberg hin das Erdreich an die zwei Meter tief aus. Das bisherige Flussbett dagegen trocknet immer mehr aus. Meterhohe Geröllmassen wurden hier angelandet. Die Fluten schwemmten auch einen Auenwald fort.
Schwerer Schaden an Wehr und Turbine
„Eine gänzlich veränderte Landschaft“, sagt Erwin Schwab von der Pneuhage-Unternehmensgruppe. Hinter seinem Betrieb sprudelt jetzt die Mulde. Einst wollte mal Pneuhage das Gelände kaufen. Jetzt ist Schwab froh, dass daraus nichts geworden ist.
Während Pneuhage das Glück hold war, hat ein paar hundert Meter weiter Erdbau-Eckert Pech. Sein Wasserkraftwerk liegt nun auf dem Trockenen, gewissermaßen von der Mulde abgeschnitten. Das Wehr mit der Fischtreppe befindet sich in einem Schlamm-Tümpel, der Zufluss zum Turbinenhaus ist mit Geröll und Unrat versperrt. „Uns hat es arg getroffen“, so Seniorchef Julius Eckert. Auf über 100 000 Euro schätzt er den Schaden. „Generatoren, Hydraulik, Trafostation, Motoren und andere Dinge des Wasserkraftwerkes wurden beschädigt“, sagt der 69-Jährige. Auch im Bürogebäude hinterließ die Mulde ein Chaos. Und das 1998 für anderthalb Millionen Mark gebaute neue Wehr weist ebenfalls Blessuren auf. „Bäume, Sträucher, Steine und andere sperrige Sachen hatten sich an ihm verfangen“, bemerkt Eckert, der aus Baden-Württemberg kommt und seit 1992 eine Niederlassung in Nossen hat.
„Am Wehr heben wir seit Tagen Schlamm aus und beseitigen Unrat. Doch das alte Flussbett können wir nicht wieder herstellen. Das übersteigt unsere Kraft“, bemerkt Mitarbeiter Franz Metzger. So entsteht dem Unternehmen jetzt ein erheblicher finanzieller Verlust. „Das Wasserkraftwerk bringt im Schnitt 160 kW/h“, sagt Eckert. Da auch sein zweites Wasserkraftwerk in der Pratschützer Mühle bei Pirna durch die Wesenitz zerstört wurde, kommt es für ihn knüppeldicke.
Was wird nun? Bleibt das neue Flussbett oder nicht? Das interessiert auch den Nossener Bürgermeister brennend. „Hier geht es auch um Eigentumsfragen“, so Hans Haubner. „Die Wiese gehört der Treuhand.“
Der Fluss bekommt sein bisheriges Bett zurück
Die SZ erkundigte sich bei der Landestalsperren-Verwaltung, die dafür den Hut aufhat.
Ingo Lux, Projektverantwortlicher: „Die Mulde wird in ihr altes Bett zurückgeführt. Etwa zwei Monate werden die Arbeiten dauern.“ Die Kosten belaufen sich auf etwa 300 000 Euro. Die Mulde hat für ihr neues Bett an die 10 000 Kubikmeter Erdmassen ausgespült. „Das muss wieder in Ordnung gebracht werden. Ebenso gilt es, das bisherige Flussbett von Geröll und Unrat frei zu machen“, so Lux. Er rechnet mit einem baldigen Beginn. Die Planungen laufen bereits. Der Auftrag wurde jetzt ausgeschrieben.
Eigentumsfragen und Ansprüche von Betrieben sind laut Talsperren-Verwaltung aber nur ein Grund, warum die Wasserführung korrigiert wird. Lux: „Der neue Verlauf der Mulde birgt auch die Gefahr in sich, dass das Wasser weitere Teile der Wiese unterspült, da es keine Böschungen gibt. “