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Freie Fahrt fürs Radl und den Bollerwagen

SONNENLAND. Der Männertag macht um keine Siedlung einen Bogen. Auch am Rande der Südstadt werden die Räder geschmückt.

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Von René Tzschoppe

Die Auffahrt von Jesus Christus zum Vater im Himmel ist ein Fest der Kirche. In unseren Breiten aber ist es mehr ein ersehnter Feiertag: Vater-, Männer- oder Herrentag heißt er im Volksmund und ist seit Jahren auch in Görlitz Pilgertag – ob mit Kremserfahrt, Radtour oder Wanderung. Es geht oft in die Umgebung, und das auch mit einer Flasche Bier. Oder zwei. Oder... naja. Bei den Anwohnern des Sonnenlandes soll Männertags-Alkohol aber eine untergeordnete Rolle spielen.

Rad wird manchmal begrünt

Familie Wiedemann zum Beispiel geht es sportlich an. „Wir schmücken unsere Fahrräder mit Birkenzweigen, und dann geht es auf Tour mit Freunden“, sagt Inge Wiedemann. Eine kleine Tradition sei der Ausflug per Drahtesel: Bevorzugt in Richtung Kunnersdorf, immer am Schöps entlang. „Die Sache ist aber wetterabhängig.“ Wenn es aus Kannen schüttet, wird abgeblasen.

„Auch wir machen jährlich eine Radtour. Bei uns geht es zum Berzdorfer See“, sagt Barbara Siegismund. Als Kind habe sie ihr Fahrrad immer für Spritztouren am Männertag begrünt. „Jetzt nicht mehr. Mein Mann ist nicht so dafür“, sagt sie und lacht dabei.

Tobias Walter hingegen ist ein Männertags-Neuling in der Siedlung: „Ich hab noch nie mitgemacht.“ Wenn der „junge Spunt“ in diesem Jahr Kumpel findet, wo er sich „dranhängen“ kann, geht es aber auch für ihn mit „auf Piste“. Er sei für alles offen: Ob mit Bollerwagen oder Schubkarre nach Jauernick – der Sonnenländer lässt sich von den Ideen seiner Clique überraschen. In seiner Altersklasse ist auch Christoph Trepte: Herumziehen ja, aber kein Besäufnis.

Birne zuschütten? Ist nicht!

„Ich halte nicht viel von Veranstaltungen, wo es nur darum geht, sich die Birne zuzukippen“, bringt er es auf den Punkt. So gibt es auch keine großen Planungen – keinen großen Aufriss, wie er es nennt. Er geht mit Freunden die Sache eher ruhig an.

Eine Einstellung, die sich auch bei anderen Sonnenlandbewohnern durchsetzt: Die ältere Generation entscheidet sich immer mehr für den Familientag oder den Treff mit Bekannten. Und natürlich gehören die Frauen dazu.

Bei Raimund Mücke ist es nicht anders. Seine Eltern wohnen im Sonnenland. Ihn hat es inzwischen nach Hirschfelde getrieben. „Von hier aus geht es ins Zittauer Gebirge. Wir sind eine Freundesgruppe. Wer mitkommt, kommt mit.“ Ausgeschlossen wird keiner: Und sie „lassen“ sich fahren. Im Gebirge selbst wird gewandert.

Ausflüge der „verschiedensten Art“ hat auch schon Martin Kroll mit seiner Frau gemacht. „Diesmal geht es zu Freunden nach Schlauroth.“ In den Jahren zuvor wurde die Umgebung abgegrast – in seiner Jugend sei dies nicht anders gewesen. „Ich denke da auch an eine schöne Tour zum Kloster Marienthal.“ Auch sah auf den Ausflügen das Reisegepäck und der fahrbare Untersatz beim Ausflug ganz unterschiedlich aus. „Nur eine Kremserfahrt war noch nicht dabei“, bedauert Martin Kroll ein wenig.

Der Termin zum Ancampen

Für Matthias Otto ist es Himmelfahrt der Termin zum Ancampen: „Da Mittwoch bis Sonntag nicht so viel Zeit ist, geht es nicht weiter als 150 Kilometer.“ Alle Campingplätze seien so in diesem Radius bereits abgeklappert, deshalb fährt er in diesem Jahr ins Ausland: Das Böhmische Paradies steht auf dem Plan. Die Fahrräder seien immer dabei. „Früher sind wir wie die heutige Jugend oft nach Jauernick losgezogen“, sagt er. Sosehr ändern sich die Zeiten also nicht. Jedenfalls nicht im Sonnenland.