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Das Hexen-Einmaleins von Freital

Erst war von Millionen die Rede, nun soll das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik der Stadt keinen Cent kosten. Wie funktioniert das?

Von Annett Heyse
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Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) links, Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) und der Präsident des BSI Arne Schönbohm eröffneten im Dezember 2019 das erste Büro des Bundesamtes in Freital - im City Center in Deuben.
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) links, Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) und der Präsident des BSI Arne Schönbohm eröffneten im Dezember 2019 das erste Büro des Bundesamtes in Freital - im City Center in Deuben. © Stadt Freital

Wenn rechnen doch immer so einfach wäre, wie in Goethes berühmtestem Theaterstück. Im Faust, Teil 1, gibt es eine Szene, die in einer Hexenküche spielt. "Und Neun ist Eins, Und Zehn ist keins. Das ist das Hexen-Einmal-Eins!", murmelt die Alte beim Rühren im Zaubertopf. Jetzt bekommt auch Freital sein Hexen-Einmal-Eins, ganz ohne Zauberei. Denn plötzlich soll die Ansiedelung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Stadt keinen Cent mehr kosten. Bisher war immer von mehreren Millionen die Rede.

Die Geschichte zur Ansiedlung des Bundesamtes ist zwar erst zehn Monate lang, aber die Papiere und Kostenprognosen schon äußerst zahlreich. Grundsätzlich geht es darum, in Freital die Außenstelle einer Behörde anzusiedeln, die sich um die Sicherheit der Datennetze der Bundesrepublik kümmert. Die Hauptstelle sitzt in Bonn. In Freital wird nun ein Bürogebäude gesucht, in dem 200 Angestellte arbeiten können, bis ein Neubau steht, den der Bund gerne selbst errichten möchte. Dieser wird aber nicht vor Mitte des Jahrzehnts fertig sein.

Es gibt nur eine Immobilie in Freital, die geeignet ist: das Bürohaus an der Hüttenstraße, welches im Besitz der Stadt ist. Derzeit wird es vom Landratsamt belegt, unter anderem ist hier die Kfz-Zulassungsstelle untergebracht. Einige Mitarbeiter des Landratsamtes sollen nun ausziehen, um Platz für die IT-Experten des Bundes zu machen. 40 Landkreismitarbeiter sind bereits in neuen Büros im Gebäude der Sparkasse in Potschappel untergebracht, bis zum Jahresende sollen 60 weitere folgen, heißt es aus der Kreisbehörde.

Parallel dazu wird die Hüttenstraße umgebaut. Das BSI hat hohe Anforderungen an Räume, Technik und Sicherheit. Zudem reicht das Haus nicht aus, es wird ein Anbau gebraucht. Das kostet. Zunächst war von etwa 5,5 Millionen Euro die Rede. Dann verdoppelte sich der Preis sogar auf rund zehn Millionen Euro, davon allein sieben Millionen für den Anbau. Aus Sicht des BSI sollte diese Um- und Anbaukosten der Vermieter übernehmen, also die Stadt.  

Zehn Millionen Euro soll es etwa kosten, das Gebäude an der Hüttenstraße umzubauen. Zunächst war von etwa 5,5 Millionen Euro die Rede gewesen. Doch vor allem ein notwendiger Anbau wird wesentlich teurer.
Zehn Millionen Euro soll es etwa kosten, das Gebäude an der Hüttenstraße umzubauen. Zunächst war von etwa 5,5 Millionen Euro die Rede gewesen. Doch vor allem ein notwendiger Anbau wird wesentlich teurer. © Andreas Weihs

Vielen Stadträten war das zu riskant. Zu vage war die Aussage, wie lange das BSI tatsächlich in der Hüttenstraße bleibt. Zu unsicher ist auch, ob sich diese Investitionskosten über die Miete refinanzieren lassen. Bei der Stadtratssitzung Mitte April, in der es zunächst um Planungsausgaben in mittlerer sechsstelliger Höhe ging, flog der Punkt von der Tagesordnung - nach langer Diskussion hinter verschlossenen Türen. 

Nun tauchte er am Donnerstagabend wieder auf. Inzwischen hatten der Finanzausschuss und der Ältestenrat in Sondersitzungen beraten, auch die einzelnen Fraktionen hatten sich zu Gesprächen getroffen. Die Stadträte hatten den Oberbürgermeister gedrängt, mit dem Bund noch einmal zu verhandeln.

Mit Erfolg. Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) konnte am Donnerstagabend eine Lösung präsentieren, wie sie Goethes Hexe nicht besser hinbekommen hätte. Die Stadt senkt die Basismiete für die Hüttenstraße. Im Gegenzug verpflichtet sich der Bund zu einem Baukostenzuschuss, der am Ende bei den Investitionskosten von rund zehn Millionen Euro liegen soll. "Damit übernimmt der Bund quasi alle Baukosten", versicherte Rumberg. Auch die Planungskosten sind in den Zuschuss eingerechnet. Aus zehn Millionen Euro werden somit null Euro - für die Stadt.

Freital muss in Vorkasse gehen

Die Fraktionsvorsitzenden nahmen es erfreut zur Kenntnis. "Es hatte doch einen positiven Effekt, dass wir uns Zeit genommen und nachverhandelt haben", sagte CDU-Chef Martin Rülke. Klaus Wolframm (SPD) vom Mitte-Links-Bündnis wies noch einmal darauf hin, warum man im April so viele Bedenken hatte. "Wir wollten die Stadt vor Schaden bewahren. Jetzt sieht die Lage anders aus." Frank Gliemann (Freie Wähler) sagte: "Mit dem jetzigen Vorschlag können wir leben." Steffen Frost (AfD) sah das nicht ganz so: "Klar hat die Stadt jetzt keine Kosten mehr. Aber wenn das BSI jetzt zehn Millionen für den Umbau bezahlt und dann in fünf Jahren nochmals viel Geld in einen Neubau investiert wird, ist das aus unserer Sicht immer noch Steuergeldverschwendung."

Den finanziellen Druck ist die Stadt jetzt los, den zeitlichen nicht. Denn das BSI will bis zum Jahresende mit etwa 50 Mitarbeitern in der Hüttenstraße einziehen. Dafür wird zunächst ein Drittel des Gebäudes vom Erdgeschoss bis zum Dach hergerichtet. Vor allem geht es auch um die technischen Anlagen und die gesamte Gebäudesicherheit. In einem zweiten Bauabschnitt werden bis zur Jahresmitte 2021 im gesamten zweiten Obergeschoss und im Dachgeschoss Räume für weitere 50 Mitarbeiter saniert. Die Planungen für die beiden Bauabschnitte kosten etwa 250.000 Euro.

Dann erfolgt der Anbau, in dem nochmals 100 Arbeitsplätze entstehen sollen. Es geht um ein "mobiles Mietgebäude", also um eine Art Containerbau. Um den zu planen, muss die Stadt weitere 224.000 Euro investieren. Die gesamten Planungskosten liegen dann bei rund 500.000 Euro. Dafür muss Freital zunächst in Vorkasse gehen. Dennoch stimmte  der Stadtrat mehrheitlich dafür. 

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