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Freitaler Klinik fängt Dipps auf

Geht es nach dem Willen der Rhön-Klinikum AG, wird das Krankenhaus Dippoldiswalde bis zum Jahr 2005 in eine Teleportalklinik umgewandelt. Das Konzept ist in Arbeit und soll mit Beginn des kommenden Jahres Schritt für Schritt umgesetzt werden. Die Basis dafür ist die Fusion mit der Schwester-Klinik Freital.

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Von Mandy Schaks

Die Rhön-Klinikum AG scheint keine Luft mehr an ihre Pläne zu lassen. Der Vorstand ist offenbar wild entschlossen, das Dippser Krankenhaus in eine Teleportalklinik umzuwandeln und mit diesem Projekt zugleich deutschlandweit einen Prototyp zu schaffen. Der Stolz darauf, möglicherweise gesundheitspolitisches Vorzeigehaus in der Bundesrepublik zu werden, hält sich unter den rund 250 Beschäftigten in Grenzen. Denn viele fragen sich: Was passiert, wenn das Experiment schief geht? – Doch welche Wahl haben die Dippser noch?

Ab nächstem Jahr wird ein neues Abrechnungssystem deutschlandweit Pflicht, erklärt der Geschäftsführer des Dippoldiswalder Krankenhauses, Rainer Grießbach, die Hintergründe. Die Vergütung richtet sich dann nicht mehr danach, wie lange ein Patient im Krankenhaus – sprich Bett – bis zu seiner Genesung liegen musste. Bezahlt wird künftig pauschal je nach medizinischem Fall.

Mehr Diagnostik, weniger Therapie in Dipps

Daran geknüpft sind auch Mindestmengen. Welches Krankenhaus zum Beispiel nicht eine bestimmte Zahl an Brust- oder Hüftgelenk-Operationen vorweisen kann, bekommt für diese Leistungen auch keine Abrechnungsverträge mit den Krankenkassen mehr und damit auch kein Geld. Dadurch sollen Qualität gehalten und Kosten gesenkt werden.

Damit rollt aber auf Dippoldiswalde ein Problem zu. „In den nächsten fünf bis acht Jahren werden Grundkrankenhäuser schätzungsweise unter 200 Betten, wie wir es sind, aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mehr existieren können“, zeigt Klaus Haffner, der Ärztliche Direktor des Krankenhauses, die Konsequenzen auf. Bestimmte Leistungen wird Dippoldiswalde nicht mehr ausführen können, ob es will oder nicht.

Und das 150-Bettenhaus kann diese Verluste dann auch nicht mit den verbleibenden Angeboten ausgleichen. Dank moderner Technik und Behandlungsmethoden ist es möglich, dass die Patienten immer schneller wieder auf die Beine kommen. Ein Trend, den Grießbach schon jetzt beobachtet. Lagen Patienten noch vor ein paar Jahren im Durchschnitt 9,6 Tage im Dippser Krankenhaus, beträgt die Verweildauer inzwischen 7,2 Tage. Und die Entwicklung geht sogar immer mehr von stationärer hin zu ambulanter Behandlung.

„Dieses Grundkrankenhaus ist deshalb künftig nicht mehr zu finanzieren“, steht für Haffner fest. Aus seiner Sicht gibt es daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird Dippoldiswalde medizinisch flaches Land oder das Krankenhaus versucht, sich den Entwicklungen anzupassen im Interesse der Patienten und Beschäftigten, zum Beispiel durch eine Teleportalklinik. Der Geschäftsführer und die Chefärzte wollen diese Chance für die Region nutzen. Sie sind in Kooperation mit der Schwester-Klinik in Freital dabei, ein Konzept zu entwickeln. „Die Initiative ist die Flucht nach vorn“, beschreibt Klaus Haffner die Motivation. „Wir eilen der Entwicklung voraus, obwohl es noch gar nicht so weit ist.“

Im Jahr 2005 soll die Teleportalklinik in Dippoldiswalde in Betrieb gehen. In Reinkultur – so ist es die Vorstellung von Rhön. Diagnostisch soll das Dippoldiswalder Krankenhaus damit aufgewertet werden. Grießbach spricht von rund 2,5 Millionen Euro, die der private Klinikbetreiber allein in die medizinische Ausstattung investieren will. „Wir werden Technik haben, die auf dem modernsten Stand ist und sonst normalerweise nur in Uni-Kliniken vorhanden ist“, gibt Haffner einen Ausblick. Der Patient, der ins Krankenhaus kommt, wird dann auf einer Ebene im Gebäudekomplex vom Arzt durch eine ganze diagnostische Kette gelotst, um rasch und präzise das Krankheitsbild festzustellen. Die Daten, die dabei erstellt werden, gehen auf modernen Kommunikationswegen direkt an ein Gesundheitszentrum. Experten, zum Beispiel im Krankenhaus Freital oder in einer Klinik in Dresden, können dann auf dem Computerbildschirm die Daten verfolgen, die Diagnose stellen und ihre Auswertung binnen Minuten nach Dippoldiswalde zurücksenden. „Wir verschicken den Patienten nicht mehr körperlich zu Untersuchungen bei Spezialisten, sondern nur noch per Daten. Das ist für Patienten eine große Erleichterung“, fasst Dr. Haffner zusammen. Und der Kernpunkt der Teleportalklinik.

Auf Grund der Diagnose entscheidet sich dann, wo der Patient weiter behandelt wird. Die Dippser reden dabei nicht drumherum: Therapeutisch wird das hiesige Krankenhaus im Gegenzug abgewertet. Bis zum Jahr 2005 schrumpft das Krankenhaus auf eine 72-Betten-Abteilung, die internistischen Patienten vorbehalten ist. Stationäre Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe werden schrittweise nach Freital verlagert. „Wichtig für uns ist dabei, dass wir eine Übergangszeit bis zum Jahr 2005 haben“, sagt Grießbach. „Wir können uns schrittweise darauf einstellen, und der Patient muss sich keine Sorgen machen, die medizinische Versorgung ist bei uns weiterhin rund um die Uhr abgesichert, Fachärzte sind zu jeder Tages- und Nachtzeit am Haus.“

Im Zuge der Umstrukturierung entsteht außerdem ein Neubau, der den Mittelteil des Dippser Krankenhauses an der Rabenauer Straße ersetzen wird. Vorgesehen ist zudem eine Tagesklinik mit zehn Betten, z. B. für die ambulante Behandlung von chirurgischen und gynäkologischen Patienten. Zugleich werden stationäre und ambulante Betreuung weiter verzahnt. Die ambulante chirurgische Praxis von André Göring, die seit einem Jahr am Krankenhaus besteht, ist weiter für die Patienten da. Zudem ist das Krankenhaus bestrebt, zusätzliche Spezialisten in einem Ärztezentrum anzusiedeln.

Fusion mit Freital

ab 2004 geplant

Möglich wird diese Vision von der Teleportalklinik nur durch die Fusion mit Freital. Zum 1. Januar 2004 sollen beide Kliniken verschmelzen. „Wir bereiten dafür gerade die Beschlüsse vor“, so Grießbach. „Das ist die Chance, den Patienten all unsere medizinischen Leistungen im Weißeritzkreis weiterhin anbieten zu können, sogar auf höherem Niveau.“ Auch für das Personal. Freital wird Mitarbeiter aus Dipps auffangen, sonst käme es zu erheblichen Entlassungen. Grießbach ist optimistisch: Einen Personalabbau von etwa einem Drittel der Beschäftigten, wie es der Betriebsrat befürchtet, hält er für ungerechtfertigt. „Wir entwickeln ein Konzept“, sagt er, „und gehen davon aus, dass wir in vielen Bereichen ohne Sozialplan auskommen werden.“

Über die Umsetzung des Konzeptes wird die SZ weiter informieren. Wenn Sie, liebe Leser, dazu Fragen haben, schicken Sie diese an die SZ-Lokalredaktion, Kirchplatz 3, 01744 Dippoldiswalde, oder per Fax 03504/64 25 51 55