Von Alexander Schneider
Sie hatten es sich so schön ausgemalt, wie sie nachts ins Taxi steigen, sich in eine abgelegene Gegend bringen lassen und dort den Fahrer „abziehen“, wie sie es nannten, also sein Portemonnaie rauben. Der eine hatte sein Pfefferspray dabei, der andere ein Klappmesser. Dass der Chauffeur sich wehren oder den Taxialarm auslösen könnte, hatten die Täter offenbar nicht mit einkalkuliert. Seit dieser Woche müssen sie sich am Landgericht Dresden unter anderem wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer verantworten. Die Mindeststrafe beträgt fünf Jahre Haft, sollte die Jugendkammer keine Gründe finden, den Vorwurf abzumildern.
Tommy S. (23) und Mike B. (18) haben die Vorwürfe zugegeben. Laut Anklage bestiegen sie im Dezember das Taxi von Enrico H. (43) am Pirnaischen Platz. Er sollte sie nachts um 3 Uhr zum Tierheim in Freital bringen. Das kam dem 43-Jährigen zwar schon „etwas komisch“ vor, wie er am Dienstag als Zeuge aussagte, doch er fuhr los. In der Freitaler Kohlenstraße griff der Beifahrer dann nach dem Autoschlüssel, um das Taxi anzuhalten. Hinten rief der Komplize: „Jetzt ist Feierabend. Halt an!“
Zu zweit gingen sie den Fahrer in dem abgelegenen Waldstück an. Zerrten ihn aus dem Wagen, besprühten ihn mehrfach mit dem Reizgas. Der 43-Jährige wehrte sich jedoch. Mehrmals ging das Gerangel ums Taxi. Der Fahrer versuchte, wieder einzusteigen, um den Alarm auszulösen. „Gib das Portemonnaie her, sonst stechen wir dich ab“, drohten die Täter. Erst als das Taxi loshupte und -blinkte, gab das Duo auf und flüchtete. Die Polizei war schnell zur Stelle. S. wurde kurze Zeit später in der Nähe gefasst, Mike B. dank der guten Personenbeschreibung einen Tag später. Seitdem sitzen die Männer in Untersuchungshaft.
Den Plan hätten sie unmittelbar vor der Tat geschmiedet, noch in ihrem Obdachlosenwohnheim, wo sie sich im September kennengelernt hatten, sagten die Angeklagten. Als Motiv nannten sie Geldnot. „Es tut mir leid, ich würde es gerne rückgängig machen“, sagte B. zum Geschädigten. Während er in „katastrophalen familiären Verhältnissen“ aufwuchs, wie es ein Gerichtspsychiater beschrieb, machten Tommy S. psychotische Störungen und sein fast zehnjähriger erheblicher Alkohol- und Drogenkonsum das Leben schwer. Das Gericht hat zwei Fortsetzungstermine geplant, um weitere Zeugen zu hören.