Von Susanne Plecher
Die weite Welt hat er gesehen, jetzt kann Großenhain von seinem großen Erfahrungsschatz profitieren. Der 34-jährige Thomas Gottschlich ist seit Ende Oktober für die Belange in Küche und Service des Kulturschlosses zuständig. Als Freiberufler, denn nebenher führt er auch seinen Küchenmanagement- und Cateringservice weiter. „Das Haus ist top, das Team ist gut“, sagt er kurz und knackig. Lange hielt er sich nirgendwo auf, zumindest bisher nicht.
Der Sachse liebt das Reisen sehr
Vom Jungkoch in Auerbachs Keller in Leipzig hat er es mit 26 Jahren zum Küchenchef im Forsthaus Dröschkau in Belgern geschafft. Aber das hat ihn dauerhaft nicht befriedigt. Koch sei er schließlich auch deshalb geworden, weil er mit dem Beruf überall auf der Welt arbeiten kann.
Und das hat er gemacht: Es gab Stationen in Hotels in Portugal und Italien. Bei den Expos 2008 im spanischen Saragossa und zwei Jahre später in Shanghai hat er als Küchenchef im Deutschen Pavillon den VIP-Bereich gemanagt. Und die letzten zehn Winter hat er im selbst ernannten Weltgourmetdorf, dem österreichischen Lech am Arlberg, verbracht. In dem 1500-Seelen-Ort gibt es eine Hand voll Fünf-Sterne-Hotels. In einem hat Thomas Gottschlich gekocht. „Die schwedische Königin Silvia hat den 80. Geburtstag ihres Vaters Walter Sommerlath bei uns gefeiert. Und Formel-1-Chef Bernie Ecclestone wurde auch von uns bekocht“, erinnert er sich. Fünf bis sechs Gänge haben die illustren Gäste dort jeden Tag verputzt.
Gottschlichs Frau Manuela und er sind immer im Doppelpack aufgetreten, in welchen Winkel der Welt es sie auch verschlug. „Uns gab es immer nur zu zweit“, sagt der Fachmann für Fragen des guten Geschmacks. Aber nach zehn Jahren auf Achse hatte das Paar Sehnsucht nach Ruhe und Sesshaftigkeit. Die fanden sie in Sachsen, in ihrer Heimatstadt Torgau. Am Silvestertag 2011 kam dort ihr Söhnchen zur Welt.
Wie kommt nun eine solche Perle in Jörg Rietdorfs Kulturschloss? Per Buschfunk! Von der geplanten Stelle hat Thomas Gottschlich von Marc Kalwak erfahren, der im Rodaer „Dorfkrug“ die Gäste mit Gaumenfreuden beglückt. „In der Gastronomie wird viel geredet“, so sein lakonischer Kommentar.
Dass Gastronomie und Kultur hier miteinander so verwoben sind, findet der Weitgereiste spannend. „Bei vielen Leuten ist die Zeit knapp. Wer essen geht, geht dann nicht mehr unbedingt ins Theater. Aber bei uns ist beides möglich“, sagt er und setzt noch eins drauf: „Wir stillen nicht nur den realen Hunger, sondern auch den nach Kultur.“
Nach hundert Tagen im Amt hat der energiegeladene Mann schon einige Spuren hinterlassen. Er hat Menüs und den kulinarischen Jahreskalender geschrieben, die Büfetts neu gestaltet, die monatlich wechselnden Programme erstellt. „Ich überlege mir, was gekocht und wie es angerichtet wird“, sagt der Koch, der seine Ausbildung in Herfurth mit Auszeichnung bestanden hatte. Das Auge, man weiß es, isst schließlich mit. Am Herd steht er im Kulturschloss jedoch nicht. „Küchenchef ist weiterhin Robert Daum“, diese Unterscheidung ist Thomas Gottschlich wichtig. In seinem angestammten Bereich sieht er sich nur als Berater mit frischen Ideen. Hauptaufgaben sind der Service und das Zabeltitzer Palais. Anfang April soll dort die Saison im Café beginnen.
Party in der Schlossküche
Eines seiner Babys sind die Schlossküchenpartys, die im Februar jeden Montag laufen. Maximal zehn Teilnehmer können in der Küche unter Gottschlichs und Daums wachsamen Augen ein Drei-Gänge-Menü zubereiten und hernach verspeisen – am selbst eingedeckten und dekorierten Tisch. Dass die Tafel hübsch aussieht, dafür sorgt Chef-Dekorateurin Bärbel Orlowski. „Ich zeige den Teilnehmern, wo welche Gläser stehen und wie das Besteck zu liegen hat, wie man mit einfachen Mitteln den Tisch schön herrichten kann“, sagt sie. Die Gäste müssen aber nicht nur beim Eindecken der Tische und beim Zubereiten des eigenen Essens helfen. „Sollten noch Gerichte von anderen bestellt werden, müssen sie auch dabei mit ran, Schnitzel panieren zum Beispiel“, so Gottschlich. Aber keine Angst: Das macht man hier genau so wie in China.