Frischluft-Regel: Landrat sieht sich bestätigt

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Politik um eine klare Regelung drückt und die Gerichte diesen Job übernehmen müssen. Diese Woche war es in Sachsen soweit: Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hatte über einen Eilantrag zur Corona-Verordnung des Freistaates zu entscheiden. Die Richter lehnten zwar den Antrag ab, lieferten aber eine Klarstellung zu einem von Anfang an umstrittenen Punkt der Rechtsvorschrift. Der besagt, dass Sport und Bewegung an der frischen Luft "vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs" erlaubt sei.
Aus Sicht des Gerichts könne dieser Formulierung mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass Aktivitäten jedenfalls dann unzulässig seien, wenn Ausflüge in die nähere oder weitere Umgebung der politischen Gemeinde geplant seien und wenn der Zielort der Aktivität typischerweise nur unter Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs oder des überörtlichen öffentlichen Personenverkehrs (Zug, S-Bahn) erreicht werden könnte.
Das bedeute aber zugleich nicht, dass man sich nicht ins Auto setzen dürfte, um woanders als vor der eigenen Haustür frische Luft zu schnappen. Wenn die Aktivität an einem Zielort ausgeübt wird, der typischerweise ohne entsprechende Hilfsmittel – also etwa zu Fuß oder mit dem Fahrrad – erreicht werden kann, dürfe man dafür auch das Auto nehmen. Den entsprechenden Umkreis geben die Verwaltungsrichter mit etwa 10 bis 15 Kilometern an.
10 bis 15 Kilometer sind in Ordnung
Das bedeutet auch, dass die Pirnaer zum Beispiel in das knapp sieben Kilometer weit entfernte Struppen fahren können, um eine Runde spazieren zu gehen - und umgekehrt. Auch wer von Neustadt/Sachsen aus nach Hohnstein zum Wandern fährt, darf allein deshalb nicht bestraft werden. Pirnas Polizeichef Candy Sommer sagte, die OVG-Entscheidung werde für die geplanten Kontrollen am Osterwochenende eine Rolle spielen. Die Sächsische Schweiz werde nunmehr für viele keine Option für Freiluft-Aktivitäten sein, weil sie außerhalb des 15-Kilometer-Umkreises liege. Besonderes Augenmerk widmen die Pirnaer Polizisten Menschenansammlungen, weil diese eine Übertragung der Infektion begünstigen.
Vor dem Richterspruch gab es eine strengere Auslegung der Verordnung durch das Landratsamt Pirna. Landrat Michael Geisler (CDU) sagte bereits Ende März zur SZ: "Die Pirnaer können in Pirna unterwegs sein, die Freitaler in Freital, die Struppener in Struppen, aber nicht in der jeweils anderen Gemeinde." Dazu hat der Bad Schandauer Kartograph Rolf Böhm bereits eine Wanderkarte der Sächsischen Schweiz online gestellt, die ganz genau zeigt, wo die Orte im Elbsandstein anfangen und aufhören. Die Gemeindegrenze ist nun auch das Stichwort, warum sich Landrat Geisler durch die richterlichen Worte aus Bautzen "grundsätzlich bestätigt" sieht, wie er privat auf Facebook postet. Denn auch das Gericht habe bei seinen Überlegungen auf die Gemeindegrenzen Bezug genommen.
Fazit: Die Richter haben klare Regeln aufgestellt, die jeder verstehen und anwenden kann und auf die sich jeder bei einer Polizeikontrolle berufen kann. Trotzdem bleibt Abstand halten das Gebot der Stunde: Egal wo man innerhalb der neu gesetzten Grenzen spazieren oder wandern geht, man sollte aufpassen, anderen nicht zu nah zu kommen, um das Infektionsrisiko zu vermindern.
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