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Friseure zünden dritte Lohnstufe

Jetzt gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro auch im Friseurhandwerk. Kunden akzeptieren das, trotzdem gibt’s Probleme in Löbau-Zittau.

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© Matthias Weber

Von Romy Kühr und Sabine Ohlenbusch

Genau 13,60 Euro – diesen Preis muss man für einen Herrentrockenschnitt seit dem 1. August in den Zittauer Salons von Bertram Herzog bezahlen. Herzog ist Geschäftsführer der Zittauer Figaro GmbH, die mehrere Läden in und um die Große Kreisstadt sowie in Görlitz, Leutersdorf und Seifhennersdorf betreibt. Vor wenigen Jahren kostete der gleiche Haarschnitt noch acht Euro, berichtet Herzog. Die höhere Summe muss er nun verlangen, weil er seinen Angestellten seit Monatsbeginn den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro zahlt. Die jetzige ist die dritte Stufe einer schrittweisen Angleichung des Tariflohns an den allgemeinen Mindestlohn. Seit 2013 wurden zunächst 6,50 Euro für die neuen Bundesländer festgelegt und dann jährlich um einen Euro erhöht.

Ohne Preiserhöhungen bei ihren Dienstleistungen können das die Chefs nicht stemmen, sagt auch Thomas Wockatz, Inhaber des Pflegesalons Gosler in Beiersdorf bei Löbau. Die Kunden zeigten dafür allgemein Verständnis, berichten er und andere Kollegen. Wichtig sei den Kunden, dass die Preissteigerung den Mitarbeitern zugutekommt. Der Beiersdorfer Salon hat die Übergangszeit bei der Lohnanpassung genutzt, um die Preise schrittweise zu erhöhen. „Und wir haben das unseren Kunden immer erklärt“, so Thomas Wockatz.

Das sei die richtige Strategie, bestätigt auch Karl-Heinz Peter, Obermeister der Friseurinnung Ostsachsen. Er sieht die Entscheidung für ein Gleichziehen mit anderen Dienstleistungsberufen als wichtigen Schritt, um den Friseurjob wieder attraktiver zu machen. Denn Nachwuchsmangel droht durchaus: In ganz Ostsachsen befänden sich im Moment nur vier Auszubildende im dritten Lehrjahr, sagt Innungsobermeister Peter. Erst nach ein bis zwei Jahren werde sich aber herausstellen, ob das Handwerk wieder zu seiner früheren Beliebtheit als Ausbildungsberuf zurückfinde. Gerade für junge Frauen gebe es mittlerweile lukrativere Berufe. Dem steht das große Interesse gegenüber, das Viele für Styling und Kosmetik teilen. Ob sich die Lage mit den höheren Löhnen für Friseure wieder bessert, will auch Bertram Herzog aus Zittau noch abwarten. Erst kürzlich hat der Geschäftsführer der Figaro GmbH sogar zwei Lehrlinge entlassen müssen. Das lag aber nicht am Geld, sondern daran, dass sie nicht zur Arbeit erschienen und die Berufsschule schwänzten. Jetzt hat Herzog einen neuen Lehrling eingestellt, mit dem er zufrieden ist. Immer hin, schätzt er ein, käme der Friseurberuf mit der Lohnerhöhung vom Ruf als schlecht bezahlter Job weg. Denn auch, wenn die Friseure nach wie vor nicht zu den Spitzenverdienern zählen, bekommen sie doch mehr Lohn als bisher.

Die Experten fürs Haupthaar machen aber andere Probleme aus, die mit der Einführung des Mindestlohns zu tun haben. Schwarzarbeit nennt Innungschef Karl-Heinz Peter als eine der Schwierigkeiten. So soll es Salons geben, die die offizielle Stundenzahl ihrer Angestellten reduzieren und den Rest einfach schwarz bezahlen. Damit umgehen sie mitunter die nötigen Preiserhöhungen. Strenge Kontrollen vom Zoll und von der Rentenversicherung seien notwendig, sagt Peter.

Außerdem dürften Kleinstsalons, die von der Umsatzsteuer befreit sind, nicht die Zukunft sein. Karl-Heinz Peter fordert: „Diese Wettbewerbsverzerrung verlangt nach drastischen Änderungen.“ Auch die Grenznähe macht den Friseuren zu schaffen. Denn in den Nachbarländern Polen und Tschechien liege der vorgeschriebene Mindestlohn weit unter dem in Deutschland, berichtet Bertram Herzog aus Zittau. Solange das so ist, sagt er, habe vor allem die Dienstleistungsbranche ein Problem, weil viele Deutsche lieber die billigeren Preise im Nachbarland nutzen. „Das trifft uns nicht nur hier in der Region, sondern gilt generell für die Ostgrenze von der Ostsee bis nach Bayern.“

Thomas Wockatz in Beiersdorf vertraut darauf, dass seine Kunden weiterhin auf Qualität setzen. „Die Leute kommen nicht zu uns, weil sie einen billigen Haarschnitt wollen“, sagt er. Es gehe um viel mehr: gute Gespräche, eine familiäre Atmosphäre, ein Vertrauensverhältnis zwischen Friseur und Kunde. Das lassen sich die Leute auch etwas kosten. Dennoch: „Ich hätte gern selbst bestimmt, wann ich meinen Mitarbeitern wie viel zahle“, kritisiert der Salon-Inhaber das Gesetz.