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Front bleibt dem Bademeister erspart

Schwimmbäder sind heute fast immer Eigentum von Kommunen oder Vereinen. Das war bei den Riesaer Elbbädern früher anders. Diese waren bis 1922 in Privatbesitz. Am längsten betrieben Vater und Sohn Große den Badebetrieb.

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Von Annelies Wendt

Schwimmbäder sind heute fast immer Eigentum von Kommunen oder Vereinen. Das war bei den Riesaer Elbbädern früher anders. Diese waren bis 1922 in Privatbesitz. Am längsten betrieben Vater und Sohn Große den Badebetrieb. Von Mai bis September des jeweiligen Jahres gaben sie Schwimmunterricht und bewirteten die Badegäste. Zudem mussten diese mit einem Kahn vom Riesaer Ufer abgeholt werden.

Der saisonbedingte Auf- und Abbau, Material- und Personalkosten brachten die Besitzer immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten. Deshalb vergab die Stadt jährlich Zuschüsse an die Badbesitzer. 1903/04 schoss sie jährlich 325 Mark zu, 1907 bis 1914 jährlich 425 Mark, 1916 bis 1919 jährlich 1 000 Mark. Um die „Wohltat des Flussbadens für die arme Bevölkerung“ in den schweren Zeiten zu ermöglichen, verteilte der Stadtrat außerdem Freikarten.

Dennoch fuhr die Stadt dadurch wohl günstiger, als wenn sie selbst ein Bad aufgemacht hätte. Bereits 1894 hat der Stadtrat die Errichtung eines eigenen Schwimmbades aus Kostengründen abgelehnt. Im September 1922 erwirbt die Stadt die Großsche Elbbadeanstalt in den Wirren der beginnenden Inflation für 147 095 Mark. Große bleibt bis 1932 Bademeister im städtischen Elbbad. Die Beliebtheit des Elbebadens zeigt sich auch darin, dass Oskar Große in der Saison 1918 vom Kriegsdienst freigestellt wurde.

Allmählich änderte sich auch das Empfinden dafür, was schicklich ist und was nicht. Aber nur allmählich. Der Einführung der Badezeit für Familien im August 1922 ging ein langwieriges Genehmigungsverfahren voraus. Auf Antrag der Gewerkschaften von 1921 errichtete die Stadt zusätzlich in der Saison 1922 ein Familienfreibad „An der Rüster“. Auf 200 Meter Länge pachtete sie die Wiesen vom Rittergut Göhlis. Im Sommer 1924 wird das Elbbad vom Promnitzer Ufer stromabwärts auf das Gelände der ehemaligen Militärbadeanstalt unterhalb der Brücke verlegt.

Riesa war seit 1858 Garnisonsstadt. Schwimmen gehörte zur Ausbildung der hier stationierten Pioniere. Ende des 19. Jahrhunderts bis 1918 existierte eine eigene Militärbadeanstalt auf Lessaer Flur. Zur Vollständigkeit muss erwähnt werden, dass der Stadtteil Gröba bis 1923 ein selbstständiges wirtschaftlich starkes Elbbad besaß.

Das Baden und Schwimmen für alle Gesellschaftsschichten nimmt mit Beginn der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts sprunghaft zu. Die zunehmende Industrialisierung führt zur Verschmutzung der Elbe, so dass die Forderung nach einem Stadtbad 1928 in dem kuriosen Architektenentwurf gipfelt, ein solches auf dem Rosenplatz (heute Puschkinplatz) zu errichten. Noch acht Jahre dauert es – Olympia 1935 macht‘s möglich.