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Frühlingslieder mit einer Botschaft

Offiziell ist es eine Großenhainer Kundgebung, dass Singen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Am Ende gehen alle zufrieden nach Hause.

Von Kathrin Krüger
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Am Donnerstagabend auf dem Großenhainer Hauptmarkt: die Singgemeinschaft und der Posaunenchor verbreiten Lebensfreude.
Am Donnerstagabend auf dem Großenhainer Hauptmarkt: die Singgemeinschaft und der Posaunenchor verbreiten Lebensfreude. © Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Die Markthändler haben an diesem Donnerstagabend gerade den Hauptmarkt geräumt, da finden sich Bläser am Dianabrunnen ein. Ein Keyboard und zwei Lautsprecher werden aufgebaut, Notenpulte und Rollups. Jörg Withulz, Leiter des Posaunenchores, misst auf dem Boden Abstände von 1,50 Metern ab und markiert sie mit blauer Kreide. Dann wird der Platz mit Flatterband abgesperrt. 

Immer mehr Leute  kommen, vor allem Sänger der Singgemeinschaft Großenhain. Deren  Vorsitzende Maren Göpel hat eine Idee aus Dresden aufgegriffen und das öffentliche Singen angemeldet. Während die Stadt es sofort genehmigte, waren beim Kreisordnungsamt drei Anläufe nötig, ist zu hören. Erst kurzfristig am Donnerstagnachmittag kam das OK für die "Kundgebung". 

Doch müssen alle Mundschutz tragen, Abstand halten, und es dürfen nur 50 Teilnehmer sein. Mehr Text- und Notenblätter werden auch nicht verteilt. Eine Sängerin geht mit der Klatte rum und erfasst namentlich die Gäste. "Das ist für eventuelle Rückverfolgung  wichtig", erklärt sie. Zwei Polizisten erkundigen sich nach den Formalitäten.

Auch Bärbel und Dieter Röder sind dem Aufruf zum "Wir-halten-zusammen-Singen" gekommen. Bärbel Röder ist Keyboard-Schülerin bei Maren Göpel in Wildenhain und hat es so erfahren. Die beiden hoffen auf eine willkommene musikalische Abwechslung.

Annett Vorbau ist extra aus Frauenhain gekommen. Sie ist eine Bekannte von Chorleiterin Anne Nitzsche und singt selbst auch im katholischen Kirchenchor. "Die Idee hat mich sofort angesprochen", sagt sie. Und es wäre ihr ein persönliches Anliegen, den Montags-Spaziergängen etwas entgegenzusetzen.   

"Mensch, du bist ja auch da"

"Der Spaß an der Musik zählt." Mit diesen Worten werden die Sänger und Gäste begrüßt. Viele haben sich seit Wochen nicht mehr gesehen. Sie freuen sich über das gemeinsame Musizieren. Manche müssen die Maske zum Singen nun aber herunterziehen. Da sagt plötzlich einer zum anderen: "Mensch, du bist ja auch da!" Kinder-, Volks- und vor allem Frühlingslieder erklingen. Mal wird nur gesungen, mal spielen die neun Bläser am Dianabrunnen mit. Anne Nitzsche begleitet auch auf der Geige. Bei "Komm lieber Mai und mache" geraten viele ins Schunkeln. Nach jedem Lied klatschen die Beteiligten - ein Zeichen von Freude und Zufriedenheit.

Am Rande des Geschehens haben sich Zuhörer eingefunden: mit dem Fahrrad, auf dem Nachhauseweg, auf der Bank sitzend. Einige Kinder klettern auf dem Dianabrunnen. Die letzten Sonnenstrahlen geben dem Geschehen einen optimistischen Rahmen. Manche nehmen den Gesang mit dem Handy auf. 

Nach dem schönen Lied "Ännchen von Tharau" ist die Chorleiterin ganz begeistert. "Das klang ja fast wie geübt", sagt sie. Ein bisschen Wehmut liegt trotzdem in ihrer Stimme. Durch Corona ist auch das Deutsche Chorfest in Leipzig Anfang Mai ausgefallen. Die Singgemeinschaft wäre mit Tausenden Sängern aus der ganzen BRD aufgetreten. 

Doch jetzt ist kein Platz für Trübsinn. "Der Mai ist gekommen" wird fröhlich angestimmt. Und "Die Gedanken sind frei". Auch so mancher Nicht-Chorsänger kann den Text auswendig. Musik macht Freude, Musik macht glücklich, heißt es immer wieder. Das Motto der Singgemeinschaft auf den Rollups "Deine Gesangs-Inspiration" wird an diesem Abend auf schöne Weise war.  

Die genehmigte Stunde wird mit der Chor-Hymne "Eintracht und Liebe halten uns zusammen" beendet. Es ist das Motto dieses öffentlichen Testlaufes, der wiederholt werden soll. Kommende Woche wegen des Feiertags aber nicht am Donnerstag - das ist der reguläre Probentag der Singgemeinschaft - sondern am Freitag. "Wir wollen es solange weitermachen, bis wir wieder üben dürfen", verkündet Chorchefin Maren Göpel. Sie ist sehr glücklich, und auch für Jörg Withulz hat sich der "enorme" Aufwand gelohnt. Zufrieden, anders als vielleicht nach den Montags-Spaziergängen, ziehen alle von dannen. Und nehmen eine positive Perspektive mit.  

Das nächste öffentliche Singen findet am 22. Mai, 18.30 Uhr auf dem Hauptmarkt statt. 

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