Dass es im Rücken zieht, kann Jedem über 40 schon mal passieren. Aber einem Kind? „Viele denken, Muskel-Skelett-Probleme seien für Schüler noch kein Thema. Tatsächlich sind ab dem zwölften Lebensjahr aber sieben Prozent aller Jungen und Mädchen betroffen“, sagt Christine Enenkel, Chefin der DAK in Sachsen.
Die Krankenkasse hat am Donnerstag einen Bericht über die Gesundheit von Sachsens Kindern und Jugendlichen vorgelegt. Dafür hat die Universität Bielefeld die Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2016 von Kliniken, Ärzten, Arznei- und Hilfsmittelverordnungen aller 14 872 DAK-Versicherten bis 17 Jahre ausgewertet. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse:
1. Wie oft zum Arzt gegangen wird, ist schon bei Kindern altersabhängig
Neun von zehn Kindern sind 2016 wenigstens einmal in einer Arztpraxis oder im Krankenhaus gewesen, je jünger, desto häufiger. So waren 99 Prozent der Einjährigen wenigstens einmal beim Arzt, meist dem Hausarzt, aber nur noch 85 Prozent der 15-Jährigen. Ältere Kinder besuchten dafür häufiger einen Facharzt. Mit Beginn des Jugendalters nahmen die Arztbesuche wieder zu, vor allem bei den Mädchen, die Gynäkologen aufsuchen. „Da scheint sich bereits herauszukristallisieren, dass Jungs und später Männer nicht zum Arzt gehen“, sagt Prof. Christian Vogelberg, Allergologe und Pneumologe an der Uniklinik Dresden.
2. Stadtkinder sind anders krank als Kinder auf dem Land
Im Vergleich zu Kindern auf dem Land sind 43 Prozent mehr Stadtkinder an Virusinfektionen erkrankt, bei 38 Prozent wurde mehr Zahnkaries diagnostiziert, 22 Prozent hatten häufiger Depressionen und 15 Prozent mehr Sprach- und Sprechstörungen. Auf dem Land fanden sich hingegen 20 Prozent mehr Kinder und Jugendliche mit Heuschnupfen und sieben Prozent mehr Adipöse. Vogelberg warnt davor, diese Daten polarisierend zu deuten: Man könne daraus nicht ableiten, dass das Leben in der Stadt Kinder krank und das Landleben Kinder dick mache.
„Eine Erklärung könnte in den unterschiedlichen Versorgungsqualitäten liegen – oder dem Arztverhalten der Patienten“, sagt er. Während in Städten die Kinderarztdichte relativ hoch ist, müssen kranke Kinder auf dem Land zum Teil weite Wege bis zum nächsten Arzt in Kauf nehmen. Tatsächlich zeigen die Daten, dass auf dem Land häufiger Medikamente, insbesondere Antibiotika, verschrieben werden. „Wir haben hier durchschnittlich für jedes Stadtkind 187 Euro ausgegeben, für jedes Landkind 207 Euro, also elf Prozent mehr“, so Enenkel. Dafür gehen die Kinder in der Stadt öfter zum Arzt.
3. Dicke Eltern haben oft Konsequenzen für die Kinder
„Adipositas kommt häufig im Kindesalter vor“, so Enenkel. Bei 3,7 Prozent wurde sie festgestellt, besonders häufig bei den Zehn- bis 14-Jährigen. Fettleibigkeit kann zu Depressionen und Herz-Kreislauferkrankungen führen, auch bei Kindern. Sind Mutter oder Vater adipös, wird das Kind es mit großer Wahrscheinlichkeit auch.

4. Mehr als jedes vierte Kind hat Probleme mit den Augen
Mit Husten und Schnupfen hatten knapp zwei Drittel der Kinder zu kämpfen, bei 41 Prozent hat der Arzt darüber hinaus wenigstens eine Infektionskrankheit diagnostiziert. Jedes dritte Kind hatte Probleme mit der Haut. Je 28 Prozent mussten die Augen behandeln lassen oder sich wegen psychischer Probleme einem Arzt vorstellen. Jedes dritte Kind war chronisch krank.
5. Sachsens Kinder kosten die Kasse mehr als im Bundesdurchschnitt
Gastroenteritis, Hautkrankheiten, Rückenschmerzen: Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sind der Kasse für diese Krankheiten deutlich höhere Versorgungskosten entstanden. „85 Euro mehr pro Kopf“, sagt Studienautor Julian Witte. Spitzenreiter ist die Neurodermitis, unter der vor allem Babys leiden: Sie wurde 48 Prozent häufiger als im Rest der Republik diagnostiziert. Zudem gab es zwölf Prozent mehr Adipöse als im Bundesdurchschnitt.
Fazit:
„Viele Krankheitsursachen hängen mit dem Lebensstil zusammen“, sagt Dr. Barbara Teichmann vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Sachsen. Eltern sollten in puncto Ernährung, Bewegung, Medienkonsum und Rauchen gute Vorbilder sein. Zudem ließe sich die Studie auch positiv deuten. Man könne darin ablesen, dass Kinder und Eltern die Erkrankungen ernst nähmen. „Sie müssen deshalb nicht öfter krank sein“, sagt sie. Bleiben sie mit dem kranken Kind zuhause, müssen viele Eltern einen Krankenschein vorlegen. „In den alten Ländern sind viele Mütter nicht berufstätig, und müssen daher nicht zwangsläufig mit dem Kind zum Arzt.“ Auch das wirke sich auf die Zahlen aus.