Von Torsten Oelsner
Das Prinzip ist einfach. Der Eine kann eben gut Fliesenlegen, die Andere wieder Haare schneiden. Irgendwann brauchen beide einmal einander. Das ganze funktioniert wie eine Volkswirtschaft im Kleinen, nur eben ohne Geld. Es werden Arbeitsleistungen oder Fertigkeiten „getauscht“. Einen solchen Tauschring wollen engagierte Mütter in Coswig nun auch gründen. Sie treffen sich regelmäßig in der Rappelkiste, dem ehemaligen Jugendclub Horizont im Neubaugebiet Dresdner Straße in Coswig. Die Idee mit dem Tauschring hatte Nadine Labicki, die festangestellte Mitarbeiterin des zur Jugendarbeit Coswig (Juco) gehörenden Hauses schon lange. „Ich kenne das aus Dresden. Da ich handwerklich nicht besonders begabt bin, war ich als alleinerziehende Mutter froh, wenn einem einer etwa beim Renovieren hilft“, erzählt die 24-Jährige.
Mitmachen ist keine Schwarzarbeit
Ganz ohne eine Art Ersatzgeld geht das Ganze dann aber doch nicht. Nur dass kein richtiges zirkuliert, sondern die Mitstreiter Punkte sammeln. Dazu wird ein Katalog erarbeitet, welche Leistung wieviel Punkte wert ist. Einmal Haareschneiden könnte 20 Punkte bringen, die wiederum eingetauscht werden in drei Stunden Rasenmähen. Den Kombinationsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.
„Gerade hier in so einem großen Neubaugebiet gibt es bestimmt viele Menschen, die neben ihrem Beruf oder auch schon als Rentner bestimmte Fähigkeiten oder Kenntnisse, die sie zwar nicht direkt vermarkten können, im Sinne von Geld verdienen, mit denen sie anderen aber ungeheuer helfen würden“, sagt Nadine Labicki. Angst vor der dem Vorwurf eventueller Schwarzarbeit brauche auch niemand zu haben. „Dass was wir hier machen, fällt alles unter Geringfügigkeit, zumal auch kein richtiges Geld fließt“, erklärt Nadine Labicki. Punkte können eben nicht besteuert werden.
Eine Unbedenklichkeitsbescheinigung stellet auch Hans-Jürgen Hänchen vom Meißner Arbeitsamt der Sache aus. „Wenn Arbeitlose mitmachen, ist es nur so, dass sie weiterhin vermittelbar bleiben müssen“, erklärt der Abteilungsleiter. Ein anrechenbarer Zuverdienst entstehe nicht, eben weil es Punkte und nicht Euro sind, die fließen. Und damit wäre auch schon alles klar.
„Wir haben natürlich nicht nur den reinen Zweck eines Austauschs von Dienstleistungen damit im Sinn“, sagt Nadine Labicki. „Sondern es geht uns vordergründig um soziale Aspekte. Viele würden für bestimmte Dinge kein Geld ausgeben, einfach weil sie es nicht haben.
Tauschbörse für
soziale Kontakte
Etwa für das Verfassen von Behördenbriefen oder dergleichen. Aber es geht auch darum, Menschen aus ihrer Lethargie zu reißen, etwa bei langer Arbeitslosigkeit oder im Alter. „Wir verstehen uns daher auch als Tauschbörse für Kontakte unter den Menschen“, so die Sozialarbeiterin. „Wer weiß, was dabei für Freundschaften oder Beziehungen entstehen.“
Dabei wendet sich das Angebot nicht ausschließlich an Coswiger. Auch aus dem Umland sind „Mitspieler“ gefragt. Schon jetzt nehmen auch Mütter aus dem benachbarten Weinböhla oder Radebeul die Angebote in der Rappelkiste war. Bisher haben sich vier Mitglieder fest angenmeldet. Das Angebot an Dienstleistungen ist allerdings noch etwas einseitig. „Babysitten können wir jetzt schon verstärkt anbieten“, sagt Nadine Labicki, aber das liege daran, dass zunächst erst einmal einige Mütter ihrer „Krabbelgruppe“ mitmachen. „Aber wir hoffen natürlich“, so Labicki, „dass sich das schnell ändert.“