Der entrückte Irrsinn des Fußballs geht weiter

Es gibt sie also doch, die zuletzt vielzitierte und zunehmend vehementer kritisierte Extrawurst für den Profifußball. Davon wollen die Beteiligten natürlich nichts wissen, doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, seit Wochen einer der größten und lautesten Befürworter der Bundesliga-Fortsetzung, sagt es ja selbst. An die Hygieneregeln hätten sich nicht nur normale Menschen zu halten, sondern auch diejenigen mit sehr viel Geld und Privilegien.
Söder meint Profifußballer im Allgemeinen und Salomon Kalou ganz besonders. Der Spieler von Hertha BSC hat es zu Wochenbeginn mit seinem Live-Video aus der Umkleidekabine schließlich geschafft, sämtliche zuletzt von Demut und Dankbarkeit geprägten Bemühungen der Branche zu konterkarieren. Zu sehen ist in dem Filmchen stattdessen jenes Proll- und Protz-Image, das gerade jetzt noch mehr Unverständnis auslöst, außerdem Wut und eben genau das Gefühl von sonderbehandelten Extrawürsten.
Ganz zu schweigen, dass Kalou mit dem Ignorieren jeglicher Abstandsregeln das hochgelobte Hygienekonzept seines Ligaverbandes ad absurdum geführt hat. Der Spieler ist inzwischen suspendiert, das Akzeptanzproblem aber bleibt. Zumal der Verdacht sehr nahe liegt, dass es sich längst nicht um den Einzelfall handelt, der Außenstehenden glaubhaft gemacht werden soll. Profifußballer leben in einer anderen, einer privilegierten Welt. Auch in diesen Corona-Tagen.
Das Argument, die Saisonfortsetzung gehe mit dem Recht der Berufsausübung einher, mag noch zutreffen. Nur müsste das dann nicht auch für alle anderen Athleten gelten, die mit dem Sport ihr Geld verdienen?
Spannend ist das, was jetzt passiert, aber allemal – und kann eigentlich nur schiefgehen. Neun Spieltage lang Fußball ohne Fans im Stadion, das ist und bleibt ein weltentrückter Irrsinn.