Dresden. Später fertig, dafür um einiges teurer: Das ist für größere Bauvorhaben beinahe schon selbstverständlich, der Berliner Flughafen BER dafür nur das derzeit schlimmste Beispiel. Doch Dresden ist mal wieder anders, was für Dynamo-Fans wenig überraschend kommt. Schließlich sind sie maßgeblich daran beteiligt, das neue Trainingszentrum für die Profis des Fußball-Zweitligisten und die Jugendmannschaften von der U16 bis zur U19 rechtzeitig fertigzustellen.
Fast 120 Vertragspartner sind daran beteiligt, mehr als 1.000 Menschen werden hier insgesamt Hand angelegt haben. "Die meisten Firmen stammen aus der Region, viele ihrer Mitarbeiter sind stolz darauf, an diesem Projekt für ihren Heimatverein mitwirken zu können", berichtet Sven Hartmann.
Viele Bauarbeiter sind auch Dynamo-Fans
Der 34 Jahre alte Wirtschaftsingenieur ist selbst ein Anhänger der Schwarz-Gelben, 2016 wechselte er aus der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung beim Freistaat Sachsen zu Dynamo. Als Technischer Leiter verantwortet der gebürtige Görlitzer auch den Neubau des Trainingszentrums am Rande des Sportparks Ostra.

"Wie verbunden die Bauleute mit dem Objekt sind, zeigt sich, wenn auf dem Kran eine Dynamo-Fahne weht, genauso wie an den vielen kleinen Aufklebern mit dem Logo an den Baugeräten", erzählt Hartmann. Vor allem aber ist es hilfreich für einen möglichst reibungslosen Ablauf. "An den neuralgischen Punkten, wenn verschiedene Gewerke parallel auf engem Raum arbeiten müssen, wird konstruktiv nach Lösungen gesucht", berichtet der Bauleiter bei einem exklusiven Besuch auf der Baustelle - kurz vor der Fertigstellung.
Seit dem Start im Sommer 2018 sind auf einer Fläche von rund 3,5 Hektar ein dreistöckiges Funktions-, ein Wirtschaftsgebäude sowie zweieinhalb Natur- und ein Kunstrasenplatz entstanden, zwei davon im Winter beheizbar. Es gibt drinnen einen Kraftraum mit Geräten und Sprintstrecke, draußen einen Fitnessparcours, mehrere kleine Felder für spezielle Übungseinheiten - optimale Trainingsbedingungen, die im Großen Garten so nicht zu realisieren gewesen wären. Seit Herbst 1969 durften die Fußballer in dem denkmalgeschützten Park trainieren. Was als Provisorium gedacht war, endet also nach fast 51 Jahren.
"Wir werden die Kostenziele erreichen"
Auch die Rahmenbedingungen sind im Vergleich zu den Möglichkeiten am Stadion erheblich besser. Das beginnt bei einem Speiseraum mit Küche, geht über den Pressekonferenzraum mit Akustikdecke bis zum eigenen Büro für den Cheftrainer und den Balkon-Blick auf die Übungsplätze.

Die Baukosten sind von ursprünglich 15 Millionen nach jüngsten Berechnungen laut Dynamos kaufmännischem Geschäftsführer Michael Born auf 19,78 Millionen Euro gestiegen, vor allem wegen der Entsorgung unerwarteter Altlasten und zusätzlichen Umwelt-Auflagen. Der Freistaat Sachsen fördert das Projekt mit 2,1 Millionen Euro, die Stadt Dresden mit vier Millionen. "Wir werden unsere Kostenziele nach derzeitigem Stand erreichen", erklärt Hartmann jetzt.
Termin für Fertigstellung einfacher als Eröffnungsfeier
Außerdem läuft alles nach Zeitplan - trotz der Corona-Krise. Nennenswerte Lieferengpässe habe es bislang keine gegeben, berichtet Hartmann, der künftig als "Head-Greenkeeper" in dem Objekt arbeiten wird. Die Ausbildung zum Fachagrarwirt Sportplatzpflege in Freising bei München schließt er im November ab. Professionelle Rasenpflege ist eine Management-Aufgabe.

Am Trainingszentrum sind derzeit noch etwa 25 Firmen zugange. Während drinnen insgesamt 1.600 Quadratmeter Fliesen verlegt und Leitungen angeschlossen werden, kommen draußen mehr als 20 Bäume und etliche Sträucher in die Erde. Zufahrten werden asphaltiert, Wege gepflastert, die Mauer zum Messering muss nach Vorgaben des Denkmalschutzes wiederhergestellt werden. Die beteiligten Unternehmen räumen der Baustelle höchste Priorität ein. "Hier herrscht immer Betriebsamkeit. Die Mitarbeiter kommen aus Dresden und dem Umland, das wäre sicher bei europaweit agierenden Unternehmen schwieriger."
Umzug in der Sommerpause - wann immer die sein wird
Trotzdem nennt Hartmann kein konkretes Datum für die Übergabe an den Verein, was wiederum nichts mit dem Baufortschritt, aber doch mit Corona zu tun hat, denn: "Es stellt uns weniger vor Probleme, einen Termin für die Fertigstellung zu nennen, als eine angemessene Eröffnungsfeier zu planen." Die Gästeliste müsste wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen sehr begrenzt sein. "Wir haben eine ganze Reihe von Ideen, was wir machen wollen, werden uns aber im Rahmen der öffentlichen Vorgaben bewegen."

Im Mai wird sprichwörtlich der Hammer fallen, während der Sommerpause sollte der Umzug erfolgen, sodass die Dynamo-Profis mit Beginn der Vorbereitung auf die nächste Saison hier trainieren könnten. "Im Grunde halten wir daran fest", betont Hartmann - und fügt hinzu: "Wann auch immer die Sommerpause sein wird."
An diesem Donnerstag wollen die Vertreter der 36 Profi-Klubs erneut beraten, wie es weitergehen soll. Die Tendenz geht dahin, die Saison ohne Zuschauer, also mit Geisterspielen, zu Ende zu bringen, möglicherweise bis Ende Juni, was bei neun ausstehenden Spieltagen zeitlich eng würde. Ursprünglich stand der jeweils letzte Spieltag in den beiden Bundesligen für das Wochenende 16./17. Mai im Kalender. Für den Nachwuchs gibt es momentan überhaupt keine Aussicht, in den Spielbetrieb zurückzukehren.
Und auch wenn in diesen Zeiten vieles ungewiss ist, mit dem neuen Trainingszentrum bekommt Dynamo sehr gute Voraussetzungen für eine sportlich erfolgreiche Zukunft.