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Fußloser braucht dringend Hilfe

Srih-srih-srih rufen sie laut und segeln majestätisch durch die Lüfte. Sie lieben die Geselligkeit – die Mauersegler. „Ich mag diese Vögel. Sie erinnern mich an Schwalben, an den Sommer“, sagt Astrid Papmahl.

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Von Bettina Klemm

Srih-srih-srih rufen sie laut und segeln majestätisch durch die Lüfte. Sie lieben die Geselligkeit – die Mauersegler. „Ich mag diese Vögel. Sie erinnern mich an Schwalben, an den Sommer“, sagt Astrid Papmahl. Ihre Familie saniert derzeit ein fast hundert Jahre altes Haus in Dresden-Laubegast. „Wir wollen dabei auch Nistplätze für die Mauersegler schaffen“, sagt sie. Im Umweltamt der Stadt erkundigt sie sich über Lebensweise und Nistmöglichkeiten.

Durch Sanierung

weniger Nistplätze

Die schwarzbraunen Vögel mit den sichelförmigen Flügeln gelten zwar als wahre Luftakrobaten, doch bei der Nestsuche sind sie nicht gerade helle. Ornithologe Harald Wolf vom Umweltamt versucht es deshalb in diesem Jahr mit einer List. Er spielt den Mauerseglern eine CD mit ihren Srih-srih-Rufen vor, um den Vögeln zu helfen, schneller die zwölf Nistkästen an seinem Haus in Omsewitz zu finden.

Hat es sich in einem Nistkasten aber schon ein anderer Vogel bequem gemacht, vielleicht ein Spatz, dann wird der Mauersegler aktiv. Er schmeißt das Gelege kühn raus und baut auf dem schon vorhandenen Nest sein eigenes, ein einfaches, flaches. Darin legt das Weibchen zwei bis drei Eier. Die Jungen schlüpfen nach 18 bis 20 Tagen. Danach werden sie noch etwa sechs Wochen von ihren Eltern gefüttert, bevor sie ausfliegen können. Frühestens am Ende des zweiten Lebensjahres werden sie geschlechtsreif.

Wegen seiner Stummelbeine erhielt der Mauersegler den lateinischen Namen Apus apus, der ohne Füße. Häuser in der Stadt wurden für sie zu Kunstfelsen. Seine vier nach vorn gerichteten Zehen erlauben es dem Vogel, auch an scheinbar glatten Wänden zu klettern. Früher fanden sie in Ruinen und undichten Dächern ideale Brutbedingungen. Doch Ordnungssinn und Sanierungstrieb der Menschen verschlechtern ihre Lage immer mehr. Deshalb braucht der Fußlose Hilfe. „Die Anzahl der Mauersegler ist in den letzten zwölf Jahren um etwa ein Drittel, in einigen Stadtteilen sogar um die Hälfte, zurückgegangen“, sagt Rainer Pfannkuchen vom Umweltamt. Genaue Zahlen gibt es nicht. In Dresden wird die Zahl der Brutpaare derzeit auf 5 000 geschätzt. Umweltexperte Pfannkuchen findet es gut, dass der Naturschutzbund Nabu in diesem Jahr den Mauersegler als Vogel des Jahres ins Blickfeld rückt.

Das sympathische Tier, das übrigens vor den Menschen kaum Furcht zeigt, hat in der Stadt viele Freunde. So richten die Wohnbau Nordwest und die Südost-Woba, Wohnungsbau-Genossenschaften, private Hausbesitzer und sogar die Altmarkt-Galerie Nistkästen ein. Seit 1996 wurden in Dresden etwa 4 000 dieser künstlichen Nistplätze geschaffen, schätzt Harald Wolf ein. „Oft rufen uns auch Dachdecker oder deren Familienangehörige an, manchmal auch anonym, wenn junge Mauersegler durch die Sanierung eines Hauses bedroht werden“, sagt er.

Fressen und schlafen

in der Luft

In diesem Jahr kamen die ersten Vögel schon im April aus Südafrika nach Dresden, ein, zwei Wochen eher als gewöhnlich. Die Mauersegler geben in der Stadt nur ein dreimonatiges Gastspiel. Schon Ende Juli brechen sie wieder zum 10 000 Kilometer langen Flug in Richtung Süden auf. Mauersegler leben von kleinsten Insekten, die sie direkt in der Luft erbeuten.

Nahen Regenfronten, ergreifen die Vögel die Flucht und fliegen schnell mal tausend Kilometer in sonnige Gefilde. Ihre Jungen verfallen dann in einen „Hungerschlaf“ und können so einige Tage ohne Nahrung auskommen. Auf dem Flug ins Winterquartier schlafen die Vögel sogar in der Luft.

www.nabu.de