Von Romy Kühr
Die Oberlausitzer waren ganz offensichtlich schon immer findige Leute. So verdiente der gebürtige Beiersdorfer Artur Ewald Redam Anfang des 20. Jahrhunderts seine Brötchen damit, dass er Bildhauern und Malern Modell stand. Das Zeug hatte er wohl dazu, zeitgenössische Zeitungsberichte beschreiben ihn als athletisch geformten Kraftsportler mit für diese Zeit vorherrschenden Idealmaßen: 75 Kilogramm bei 1,75 Meter Körpergröße. Mit diesem Idealkörper wählte auch der Bildhauer Richard Guhr ihn als Modell, als er die Figur erschuf, die vergoldet und fünf Meter hoch den Dresdner Rathausturm ziert.
Der Beiersdorfer Christian Wendschuh entdeckte dieses ungeahnte Kapitel in der Geschichte seines Heimatortes kürzlich. Denn der 76-Jährige interessiert sich nicht nur für Historisches und ist im Oppacher Freundeskreis Heimatgeschichte engagiert. Er hat auch seit Jahrzehnten schon eine Dresdner Tageszeitung abonniert. „Die haben erst kürzlich darüber geschrieben, als der Rathausmann nach der Restaurierung wieder auf den Turm gebracht wurde“, erinnert sich Christian Wendschuh.
Zum Glück, muss man wohl sagen. Denn beinahe hätte Meißen, wo Redam zuletzt lebte, den Titel für sich beansprucht, die Heimatstadt des Rathausmannes zu sein. Tatsächlich wurde Artur Ewald Redam aber 1884 in Beiersdorf in der Oberlausitz geboren, im Haus an der heutigen Amselgrundstraße 5 – selbst das ist überliefert. Um 1900 zog er mit seiner Familie nach Dresden und später dann in die Porzellanstadt.
Es ist überliefert, dass Redam sich schon in seiner frühesten Jugend für den Kraftsport begeisterte. Kein Wunder: eiferten doch in dieser Zeit viele dem antiken Körperbild nach, das seit Wiederbelebung der Olympischen Spiele wenige Jahre zuvor eine Renaissance erlebte. Nicht so viele kamen jedoch wie der gebürtige Beiersdorfer auf die Idee, ihren gestählten Körper derart zu vermarkten. Denn Redam war nicht nur Modellathlet für die Bildhauer und Maler der Dresdner Kunstakademie. Er stellte sich auch 1911 bei der Hygienischen Ausstellung in Dresden als anatomisches Anschauungsobjekt zur Verfügung. Das war wohl auch finanziellen Nöten geschuldet. Denn die zeitgenössische Presse berichtet auch von Geldproblemen und Schulden des Sportlers. Das war es demzufolge auch, was ihn schließlich den Lebensmut verlieren ließ. Redam nahm sich 1947 das Leben.