Von Ivette Wagner
Denn ein Traum ist alles Leben und die Träume selbst ein Traum.“ Damit hat der spanische Dramatiker Pedro Calderón de la Barcaden den Nagel auf den Kopf getroffen. Zumindest, wenn es um Stefan Hermann geht. Der einzige Sterne-Koch in Dresden beschreitet ganz neue Wege. Momentan ist er Bauherr und beschäftigt sich statt mit Lammrücken und Seezunge lieber mit Schutt, Decken und Stromleitungen. In der Bautzner Landstraße 32 dirigiert er für die nächsten Monate die Handwerker.
Kaffeekränzchen ganz nobel
Einst saßen dort die Damen beim Kaffeekränzchen zusammen. Erst hieß es Café Bleicher, später wurde es zum Café Binneberg. Noch heute erzählt man sich nicht nur auf dem Weißen Hirsch über die riesige Schlange, die sich vor dem Laden bildete. Denn die Florentiner – kleine dünne Scheiben aus Nüssen und Schokolade – waren der große Genuss. Viele wollten genau den haben. Aber auch die verschiedenen Kuchen und Torten bereiteten Genießern höchste Freude. Auch davon wird immer noch geschwärmt. „Ich habe einiges über die Geschichte dieses Ladens gehört“, sagt Stefan Hermann. „Das hat mich sehr neugierig gemacht.“
Bereits vor einem Jahr fiel dem Koch das Haus auf. Zehn Jahre stand es fast leer. Vor zwei Jahren zog der letzte Mieter, ein Anwalt, aus. Das marode Gebäude wurde dadurch nicht schöner, es gammelte vor sich hin. „Es war schon immer ein Traum von mir, etwas Eigenes zu machen.“ Dieser Wunsch habe sich in den letzten Jahren immer mehr verstärkt.
Dass Stefan Hermann dafür nun mit dem Helm auf dem Kopf durch das Gebäude läuft, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Wunderschöne Kaminöfen zieren einzelne Räume. „Die kommen leider raus“, so Stefan Hermann. Wände werden momentan weggerissen, Pläne erstellt, wo neue hinkommen. 800 Quadratmeter groß ist das Haus. „Die Raumplanung werden wir komplett ändern“, sagt der Bauherr. „Eigentlich ist es unser Ziel, das Haus so zurückzubauen, wie es ursprünglich war“, sagt Stefan Hermann. Großzügig also, edel, so wie der Weiße Hirsch nun mal ist.
Retrolook in der Wohnung
Doch bis dahin dauert es noch eine Weile. In einer Wohnung hängt wundervolle 1970er-Jahre-Tapete, die Toiletten haben schon bessere Zeiten erlebt. Briefkästen erinnern an längst weggezogene Mieter. Im Treppenhaus gibt es kein Licht. Große Container vor dem Haus künden von großen Aufgaben.
Fertig sein soll alles im Frühjahr des nächsten Jahres. So viel verrät er schon mal. Nur was soll es werden? Da hält sich der Koch sehr bedeckt. Geheimnisse gehören nun mal zur Erfüllung von Träumen dazu. Es ist aber sehr wohl davon auszugehen, dass Stefan Hermann seinen Beruf nicht wechseln wird. Und dass er seiner großen Leidenschaft, dem Kochen, wirklich treu bleibt. „Noch kann ich nicht mehr dazu sagen“, so Stefan Hermann. „Bauherr bleibe ich aber ganz sicher nicht.“ Also wird es ein Restaurant werden. Mit bewährten Zutaten: Gute Produkte und feinstes Handwerk. Der Schritt in die Selbstständigkeit ist nun auch die Erfüllung eines jahrelangen Traumes.