Von Bernd Goldammer
Eigentlich sollte Elisabeth Letocha beim musikalisch-literarischen Nachmittag auf Schloss Hermsdorf auch singen. Doch am Sonnabend versagte ihre Stimme. Das hätten vielleicht noch Kolleginnen von der Dresdner Staatsoperette übernehmen können. Sie und Anna Piontkowsky singen quasi an der Quelle der edlen Stimmen im Sachsenland. Was aber wäre dann mit der literarischen Seite des Nachmittages geworden? Das Programm ist ohne diese Übergänge undenkbar, und dafür sorgte Frau Letocha trotz kleiner Unmüsslichkeit.
Viele Gäste hatten sich bereits nach Hermsdorf auf den Weg gemacht. Dem Operettennachmittag sollte ein sonniger Parkspaziergang folgen. Was anfänglich nach Problemen aussah, wurde zu einem wundervollen Nachmittag, an dessen Ende sich das Publikum sogar noch eine Zugabe erklatschte. Das verdankten die Schlossbesucher dem weiblichen Durchhaltevermögen, der umfangreichen Gesangsausbildung des Pianisten Rolf Schinzel und einer besonders wirksamen Teesorte. Von der nippte Sängerin Elisabeth Letocha auch während der Show. Nur so konnte sie mit gewohnt charmanter Stimme sprechen. „Das gibt’s nur einmal“, lautete der Titel der Operettenshow .Das, was zu hören und zu sehen war, wurde diesem Anspruch voll gerecht. Nur eben ganz anders als geplant.
Es begann mit „Schlösser die im Monde liegen“, aus dem ersten Akt der burlesk-phantastischen Operette Luna von Paul Linke. Auch das Ringelnatz-Gedicht „Privat-Telegramm“ kam sehr gut an. Logisch! Es ging um die Liebe. „Die bessern älteren Herrn sind richtig“, verdeutlicht viel männliches Wunschdenken! Rolf Schinzel lief hier zur Hochform auf. Zusammen mit Anne Piontkowsky war er darüber hinaus mehrmals im Duett zu erleben. Und immer wieder gab es die fein pointierten literarischen Übergänge von Elisabeth Letocha. Beim Küssen, so sei es wissenschaftlich festgestellt würden 60 000 Bakterien übertragen. Aber was sind all diese Erreger gegen die Serotonin- Ausschüttungen beim Küssen? „Meine Lippen die küssen so heiß“, Anne Piontkowsky machte im Gesang klar, dass man dabei durchaus mal in eine Art Trancezustand geraten kann. So schön kann diese Art von Leidenschaft sein. Sie zog sich wie ein roter Faden durch das Nachmittagsprogramm.