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Ganz Meißen vereint

Wie stark Vereine die Stadt geprägt haben, zeigt die neue Sonderschau im Museum.

Von Peter Anderson
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Gehörte zu den ersten Besuchern: Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) bewundert die kunstvoll gestickten Vereinsfahnen in der neuen Sonderschau des Museums.
Gehörte zu den ersten Besuchern: Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) bewundert die kunstvoll gestickten Vereinsfahnen in der neuen Sonderschau des Museums. © Claudia Hübschmann

Meißen. Es sind die Geschichten hinter den Exponaten, die es dem Museologen Steffen Förster besonders angetan haben. Zum Beispiel das Schelmenstück um das Feldzeichen, in der Fachsprache Vexillum" genannt, des Arbeiter-Radfahrer-Bundes "Solidarität" aus Lossen. 

Die aufwendig gearbeitete Fahne dominiert eine Vitrine in der neuen Sonderschau des Meißner Museums, welche sich exklusiv der Geschichte der Arbeitervereine im Meißner Land widmet. Viel, könnte man meinen, dürfte das Dritte Reich nicht überstanden haben. Doch die Gewitztheit beherzter Sozialdemokraten und Kommunisten hat bemerkenswerte Exponate bewahrt.

"Den Akten zufolge soll das Vexillum eigentlich bei der Beschlagnahme des Vereinsvermögens 1933/1934 vom Vereinsvorsitzenden persönlich verbrannt worden sein", sagt Steffen Förster. Um so mehr habe er gestaunt, als die Fahne 2010 plötzlich im Nachlass des bekannten Meißner Sportfunktionärs Rudolf Lässig auftauchte. Offenbar hatten die Arbeitersportler den Nazis ein Schnippchen geschlagen.

Das Einzelne steht für das Ganze: "Wir können mit den Exponaten in unserer neuen Sonderausstellung das beeindruckend reiche Vereinsleben in Meißen zwischen 1735 und 1945 nur teilweise lebendig werden lassen", sagt Museumschefin Linda Karohl-Kistmacher. Die Ehren-Dirigierstäbe der Chorleiter, die Scheiben der Schützen - all dies sind letztlich tote Zeugen einer oft als Vereinsmeierei belächelten, aber gleichzeitig beeindruckend reichen und vielfältigen Vereinskultur. 

Ihre gesellschaftliche Rolle könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, so die Kunstgeschichtlerin. Stiftungsfeste, die Teilnahme an Umzügen, Jubiläen der Vorsitzenden - zu allen diesen Anlässen kam man zusammen, tauschte sich aus und war nicht zuletzt wohltätig.

Letzterer Aspekt hat den Museologen Förster beim Vorbereiten der Austellung "In Freund und Leid zu jeder Zeit" besonders beeindruckt. Vom Eintrittsgeld zu den Spielen des ersten Meißner Fußballvereins sei beispielsweise automatisch ein bestimmter Anteil abgezweigt worden, um Bedürftige zu unterstützen, sagt er. Ähnlich hätten es viele andere Verein gehandhabt, egal ob nun mit Tombolas oder Sammelbüchsen. Letztlich hätten die Bürger damals Aufgaben übernommen, die erst später zu staatlichen Pflichtaufgaben erklärt wurden. Ganz Meißen vereint.

  • Das Stadtmuseum Meißen, Heinrichsplatz 3, hat dienstags bis sonntags von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Klare Regeln sorgen dafür, dass die während der Corona-Krise geltenden Regeln eingehalten werden. Führungen können derzeit nicht stattfinden. 

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