Von Manfred Müller
Es war im Jahr 1810, als das Strehlaer Gotteshaus den puritanisch denkenden Kirchenvätern zu bunt erschien. Kanzel, Altar und Grabmale wurden mit weißer Ölfarbe übertüncht. Fast 100 Jahre lang mussten die Kirchgänger mit dieser kulturellen Barbarei leben, bevor eine große Restaurierung die Kleinode wieder ans Licht brachte.
Vielleicht war der Innenraum den Kirchenleuten einfach nur zu dunkel. Und das blieb er auch, nachdem die Restauratoren im Jahr 1909 die Fenster mit bunten Butzenscheiben versehen hatten. Im Zuge der laufenden Sanierung soll nun von innen heraus mehr Licht werden. Statt der Metall-Lampen, die die Kirche nur schwach erhellten, kommen lichtstarke Glaspendel unter die Kuppel. Die neue Beleuchtung, zu der auch Strahler in den Kuppelbögen gehören, wird das Gotteshaus viel freundlicher erscheinen lassen.
Altar aus Lindenholz
Dann bekommen auch die Kunstschätze wieder die Geltung, die die Corporus-Christi-Kirche über Sachsens Grenzen hinaus bekannt gemacht haben. So der aus Lindenholz geschnitzte Altar, die Jehmlich-Orgel, die frisch restaurierten Deckengemälde und natürlich die tönerne Kanzel. Das Schmuckstück aus Keramik, im Jahr 1565 vom jungen Strehlaer Töpfer Melchior Tatzen geschaffen, sucht in Sachsen seinesgleichen. Seit Jahr und Tag zieht es vor allem Touristen an, die auf dem Elberadweg in das einstige Ackerbürgerstädtchen kommen. „Am Radweg wäre ein Hinweisschild nötig, das direkt auf die Kanzel hinweist“, sagt Pfarrer Urs Ebenauer.
Urs Ebenauer betreut die Strehlaer Kirchgemeinde seit 1991, und in dieser Zeit hat der spätgotische Bau einiges an Veränderungen durchgemacht. Die Sanierung von Turm und Außenputz erfolgte bereits in der Wendezeit, danach bekam die Kirche neue Fenster, Türen und eine Heizung für die Bänke. Die Glockenanlage erhielt eine moderne Steuerung. Was die Kirchgemeinde jedoch am meisten störte, waren das undichte Dach und die unansehnlichen Innenwände. Die konnten nun durch die Einbindung des Gotteshauses ins Stadtsanierungsprogramm in Ordnung gebracht werden. Insgesamt 500 000 Euro, sowohl Fördermittel als auch Gelder aus der Stadtkasse und von Spendern, werden bis zum Sommer verbaut. Dann können sich die Kirchgänger nicht nur über den kunstvoll bemalten Innenraum freuen, sondern auch über hell angestrichene Sitzbänke und in Stand gesetzte Fußböden.
In ganz anderem Licht
Zur Strehlaer Kirchgemeinde, die 820 Mitglieder umfasst, gehört nicht nur die Stadt selbst, sondern auch eine Reihe von Dörfern bis vor die Tore von Oschatz. Am 19. Juni soll die sanierte Stadtkirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht werden. Bis dahin wird auch der Altar, der nicht in die Sanierung eingeschlossen war, gereinigt. Kirchenmitglieder und Touristen werden das Gotteshaus dann in einem ganz anderen Licht wahrnehmen – und das völlig ohne weiße Ölfarbe.