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Gastronomische Mitglieder im „Kulinarium Meissner Land e.V.“

Fleischermeister Andreas Näcke leitet den Verein Kulinarium Meissner Land. Vor ihm liegt das verflixte siebte Jahr.

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Von Ulrike Keller

Andreas Näcke hat eine Schwäche: Der Meißner Fleischermeister kann nicht Nein sagen. Dieser Umstand brachte ihm schon in Zeiten, in denen er mit dem eigenen Betrieb voll ausgelastet war, langjährige Ehrenämter ein: im Kirchenvorstand zum Beispiel und in der Innung. Von beiden Funktionen, einschließlich der Geschäftsführung der Fleischerei, hat er sich inzwischen gelöst. Doch für das Kulinarium Meissner Land trägt der schlanke Mann mit Mut zur Modefarbe nach wie vor Verantwortung. Gerade im Aufbau ist ein Onlineshop auf der Vereinsseite. Ab Mai soll der alle zum Versand geeigneten Produkte führen, rund 70 wohl. Diese Neuerung ist eine Alternative zu der oft angefragten Eröffnung eines speziellen Kulinarium-Geschäftes. Ein Kundenwunsch, der an fehlendem Geld und Personal scheitert. „Wir sind als Verein angetreten, Produkte aus der Region bekannter zu machen“, sagt Näcke, „nicht um wirtschaftlich tätig zu werden.“ Angedacht ist die gemeinsame Werbung, aus geschäftlichen Dingen will man sich heraus halten.

Hotel & Restaurant Goldenes Fass Mitglied seit Juli 2010 Vorbrücker Straße 1, 01662 Meißen
Hotel & Restaurant Goldenes Fass Mitglied seit Juli 2010 Vorbrücker Straße 1, 01662 Meißen
Domherrenhof Meißen Mitglied seit September 2012 Freiheit 10, 01662 Meißen
Domherrenhof Meißen Mitglied seit September 2012 Freiheit 10, 01662 Meißen
Genuss total, aber bitte regional: Der Meißner Fleischermeister Andreas Näcke zählt sich selbst zu den herzhaften Genießern. Seit sieben Jahren gestaltet er die Entwicklung des Projekts Kulinarium Meissner Land mit, seit vier Jahren leitet er den hervorge
Genuss total, aber bitte regional: Der Meißner Fleischermeister Andreas Näcke zählt sich selbst zu den herzhaften Genießern. Seit sieben Jahren gestaltet er die Entwicklung des Projekts Kulinarium Meissner Land mit, seit vier Jahren leitet er den hervorge

Im Verkaufsraum der Fleischerei hängt Schinken und Salami vom Meissner Schwein – beides steuert Näcke zur Produktpalette des Kulinariums bei. Im Regal steht außerdem Wein von Steffen Loose und Fruchtaufstrich vom Cornelia Bode Früchte Stüb‘l. „Jedes Mitglied schaut, welche Produkte der anderen hineinpassen in sein Sortiment“, sagt Andreas Näcke. Dabei ist das Passen weniger eine geschmäcklerische als eine Geschmacksfrage. Denn Pralinen etwa sollen ja nicht nach geräucherter Wurst duften. In einer Fleischerei wäre genau das schwer vermeidbar, erzählt der 58-Jährige im Frühstücksraum der Belegschaft, einer Art zweckdienlichen Bauernstube. Den Familienbetrieb führt nun ein Sohn, in vierter Generation. Näcke senior hilft noch immer mit, viel freie Zeit hat er seit seinem Kürzertreten nicht gewonnen. Seine Vorliebe gilt berufsgemäß dem herzhaften Genuss, der da wäre ein „richtig schön abgehangenes Rindersteak, ganz zart und blutig“. Vorbild ist ihm die Wurst- und Fleischherstellung in Kroatien geworden.

Seit zehn Jahren verbringt er den Familienurlaub in Istrien, wo er auch gern mal Fisch und Muscheln probiert. An die dortige Fleischertradition, nur mit Salz, Pfeffer und Zucker zu würzen und die Produkte lange ausreifen zu lassen, hat er sich bei seinem Knacker vom Meissner Schwein gehalten. Kulinariumstauglich ist, was aufwändig „handwerklich gefertigt“ ist und den Zutaten nach aus der Region stammt. Zudem muss es in einem Wettbewerb gut abgeschnitten haben oder von einem Lebensmittelinstitut analysiert worden sein. Nach dem Pferdefleisch-Skandal denkt Näcke aktuell darüber nach, ob eine zur Pflicht erhobene Untersuchung der Inhaltsstoffe mehr Sicherheit für die Qualität bringen würde: „Wir müssen sehen, wie offen die Mitglieder dafür sind.“ Der nach seinen Worten sehr rührige Vorstand trifft sich mindestens einmal im Monat.

Andreas Näcke begleitet das Kulinarium seit den Anfängen. Sieben Jahre ist es her, dass die Landesvertretung des Freistaates beim Bund in Berlin kulinarische Spezialitäten aus dem Landkreis präsentieren wollte. Als damaliger Obermeister der Fleischerinnung Meißen wurde Näcke mit der Organisation betraut. Er hat nicht NEIN gesagt. Das Landratsamt führte diese Idee weiter. Es initiierte ein Projekt, das vor vier Jahren zur Gründung des Vereins Kulinarium Meissner Land führte. Näcke übernahm den Vorsitz der damals zehn Mitglieder. Seitdem sind sieben produzierende hinzu gekommen, darunter seit Ende vergangenen Jahres gleich vier. „Über die Jahre hätte ich mit etwas mehr Interesse gerechnet“, gibt Näcke zu. Die Zurückhaltung erklärt er sich mit der zusätzlichen Arbeit, die das Kulinarium für alle Beteiligten neben dem Tagesgeschäft mit sich bringt. Sie ist auch der Grund, aus dem der Verein die vielen Messe-Anfragen absagen muss. „Kein Betrieb hat einen Angestellten frei, den er fürs Kulinarium auf die Messe schicken kann“, so der Vorsitzende. Dazu kommt: Oft sind einzelne Mitglieder bereits als Aussteller vor Ort, so dass sich die Vereinspräsenz damit „beißen würde“.

Dennoch wagt Näcke zu behaupten: Die Bedeutung des Kulinariums ist gewachsen, die Zahl der Anhänger gestiegen. Den offensichtlichsten Beweis liefert ihm der alljährliche Sonntagsbrunch in Weinböhla. Dieses Jahr kamen 250 Gäste, beim ersten vor sechs Jahren waren es 80. Auch dass das Kulinarium 2012 erstmals auf dem Meißner Weihnachtsmarkt vertreten war, wertet er als wichtigen Schritt. Ein Stand in diesem Jahr ist bereits wieder geplant. Was sein Amt angeht, beginnt der Erfinder der Aronia-Bratwurst jedoch langsam das NEIN zu üben. Vorsichtig deutet er an, dass „mal frischer Wind“ nötig und „ein ganz neuer Blickwinkel gut wäre“. Durch Jüngere, die ja nun dazu gekommen seien. Aber Näcke wird auf die NEIN-Probe gestellt. Was es ihm schwer macht: „Es hat sich noch keiner so ganz freiwillig gefunden!“