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Böhmische Leckerbissen zum Neustart

Wegen Corona musste er vorübergehend Hartz IV beziehen, jetzt startet Bierstuben-Wirt Michael Schwarz am Görlitzer Fischmarkt wieder durch.

Von Daniela Pfeiffer
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Michael Schwarz führt die Gambrinus Bierstuben in der Görlitzer Altstadt. Auf den Neustart nach der Zwangspause hat er sich vorbereitet, mit dem großen Ansturm rechnet er aber nicht.
Michael Schwarz führt die Gambrinus Bierstuben in der Görlitzer Altstadt. Auf den Neustart nach der Zwangspause hat er sich vorbereitet, mit dem großen Ansturm rechnet er aber nicht. © André Schulze

Endlich wieder Leben in der Bude. Am Freitag öffnet Michael Schwarz seine Gambrinus Bierstuben in Görlitz wieder. Seit fünf Jahren betreibt er die Eckkneipe an der Ecke Schwarze Straße/Fischmarktstraße. Das Jubiläum wäre Ostern gewesen, es fiel Corona zum Opfer. Nicht zu ändern. Michael Schwarz konzentriert sich auf das, was vor ihm liegt.

Wenn es auch noch ungewiss genug ist. Die großen Veranstaltungen wie Via Thea oder Altstadtfest finden nicht statt, wann der Tourismus wieder in Fahrt kommt, weiß man nicht recht. Schwarz hat viel von Familienfeiern, Seminartreffen, aber vor allem von Bustouristen gelebt. Eine Agentur schickte ihm regelmäßig Gäste aus Japan und Taiwan.  "Es wird wohl dauern, bis die Ersten wieder eine Städtereise machen", vermutet der 57-Jährige. Er geht von einem verhaltenen Start aus. Sämtliche vorreservierten Termine und Feiern sind raus aus dem Buch, alles fällt aus. Deshalb geht es der Wirt langsam an, hat jetzt am Sonntag und Montag Ruhetag, wo es vor Corona gar keinen gab. "Die Umsätze werden wohl erstmal so sein, wie sonst im Januar."

In der Zwangspause die Fenster gestrichen

50 bis 70 Prozent seines gesamten Jahresumsatzes sieht er jetzt schon als verloren an. Zum Glück klappte das mit den staatlichen Zuschüssen und zwar sehr schnell. "Sonst hätten wir das nicht geschafft." Seine Crew schickte er in Kurzarbeit, er selbst ging zum Arbeitsamt. "Das wollte ich eigentlich nicht. Aber das staatliche Darlehen war ja nicht für meine privaten Kosten, sondern für den Betrieb." Über die sieben Prozent Mehrwertsteuer, die die Gastronomie ab Juli nur noch zahlen muss, ist er froh. "Aber man hätte das ruhig auf drei Jahre statt nur einem festsetzen können", findet er.  

Nicht ganz die Top-Lage, aber dennoch ist Michael Schwarz mit den ersten fünf Jahren seiner Gambrinus Bierstuben am Fischmarkt hochzufrieden - abgesehen von den letzten Wochen, die durch die Pandemie geprägt waren.
Nicht ganz die Top-Lage, aber dennoch ist Michael Schwarz mit den ersten fünf Jahren seiner Gambrinus Bierstuben am Fischmarkt hochzufrieden - abgesehen von den letzten Wochen, die durch die Pandemie geprägt waren. © André Schulze

Essen zum Abholen, das gab es bei den Bierstuben nicht. Trotzdem hat Schwarz die Zwangspause auch nutzen können. In Eigenleistung hat er mit seinen Leuten die Türen und Fensterläden neu gestrichen - und im Gegenzug von der Vermieterin drei Monatsmieten erlassen bekommen. Das hilft in wirtschaftlich schweren Zeiten wie diesen. Auch die Speisekarte wurde in schöner alter Schrift neu auf die Fensterläden geschrieben. Die Karte, die die Gäste drinnen in die Hand bekommen, hat Schwarz "auflagengerecht" umgestaltet. Er hat einfach die Innenseiten der Karte in Folie gesteckt - damit sie abwischbar sind.

Biergläser müssen absolut trocken sein

Mit einer weiteren Auflage, dem Mindestabstand, hat er ebenfalls keine größeren Probleme. Die Tische stehen schon recht großzügig im Raum. "Ich muss von den 50 Plätzen ungefähr zehn sperren beziehungsweise reservieren und schon passt das." Wie in allen anderen Gaststätten wird das Servicepersonal ab sofort mit Mundschutz an den Tisch treten. Die Bar darf nicht offen sein, aber das Bier, das die Gäste an den Tisch bekommen, wird natürlich am Tresen gezapft. "Wir müssen bei den Gläsern jetzt ganz genau sein. Nur abtropfen lassen reicht nicht, sie müssen richtig trocken sein." 

Die Tische stehen in den Gambrinus Bierstuben schon recht weit auseinander. Für den geforderten Abstand wird Michael Schwarz trotzdem etwa zehn von 50 Plätzen sperren.
Die Tische stehen in den Gambrinus Bierstuben schon recht weit auseinander. Für den geforderten Abstand wird Michael Schwarz trotzdem etwa zehn von 50 Plätzen sperren. © André Schulze

Kalkulieren lässt sich das erste Wochenende nach der Zwangspause schlecht. Einige Reservierungen gibt es, aber werden noch Leute spontan einkehren? "Wahrscheinlich werden wir erstmal nicht alle Gerichte anbieten, beim Fleisch eher nur das Kurzgebratene." Ein Stammgast hat angekündigt, sich als Erstes gleich mal den Böhmischen Leckerbissen zu gönnen. Das ist eine Spezialität, die beliebt ist bei den Gambrinus-Gästen - eine Art Eierkuchen - herzhaft gefüllt. "Ich selbst habe das als Achtjähriger schon gegessen", sagt Michael Schwarz.  Und so macht er sie heute selbst:

Rezept Böhmische Leckerbissen

Zutaten: Kartoffeln, Mehl, Eier, etwas Sahne, Gulasch (oder Fleisch, Pilze, Paprika einzeln)

Zubereitung:  Kartoffeln reiben, Eier, Sahne hinzufügen und mit Mehl andicken, danach in Öl zu Plinsen braten. Etwas Gulasch auf eine Hälfte geben, dann die andere Hälfte drüberschlagen. Obendrauf einen Klecks Saure Sahne geben - als i-Tüpfelchen.  

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Fabian Deicke spricht in unserem Corona-Podcast (Ausgabe vom 15. April) mit Axel Klein, Hauptgeschäftsführer vom Dehoga Sachsen über die Sorgen der Gastwirte und den Neustart. Kurzlink: www.sz-link.de/CoronaCast