SZ +
Merken

Gauernitzer bauen sich ein trockenes Heim

Weil ihr Wohnhaus immerwieder vom Hochwasserzerstört wird, zieht eine junge Familie vomElbufer bergauf.

Teilen
Folgen

Von Jürgen Birkhahn

Zweimal ist das Haus von Familie Herbst schon abgesoffen. Jetzt will sie vor einem möglicherweise neuen Hochwasser die Flucht ergreifen und das Grundstück gegenüber der Bäckerei an der B 6 in Gauernitz verlassen. Bis es ans Kofferpacken geht, werden allerdings noch ein paar Jahre vergehen.

Das neue Domizil muss erst ausgebaut werden. Sabine und Matthias Herbst wollen mit ihren beiden Kindern Arthur und Leonhard ein altes Wohnhaus auf einem ehemaligen Bauernhof in Constappel sanieren.

Freunde wollen helfen

„Hierher wird kein Hochwasser kommen“, sagt Matthias Herbst und zeigt auf das alte Haus, das in seinem jetzigen Zustand nicht gerade einladend aussieht. Herbsts haben es gemeinsam mit einem Freund gekauft und geteilt. Jeder will eine Hälfte des Hauses nutzen. „Das gesamte Gebäude wäre für eine Familie zu groß“, sagt der 43-Jährige, der sich trotz der vielen Arbeit, die vor der Familie steht, auf das neue Heim freut. „Unsere Freunde haben versprochen zu helfen“, sagt er. Die Freunde, die unter anderem auch in den weiteren Gebäuden auf dem einstigen Bauernhof wohnen, hatten ihm auch den Tipp gegeben, das alte Haus zu kaufen. Seit Jahren stand es leer. Vorhaben eines bayrischen Investors gingen nicht auf. „Es wird eine Weile dauern, wir werden uns nicht übernehmen“, sagt Sabine Herbst.

Während die 41-Jährige von einem schönen Garten rings um das Haus träumt, freut sich der neunjährige Leo auf den Keller, wo er sich mit dem zwölfjährigen Bruder eine Bude bauen will. Klar, dass Leo und Arthur mit Hand anlegen. Obwohl ihr jetziges Heim direkt an der Elbe sehr schön ist, freuen sie sich auf den Wohnungswechsel. Dann haben sie es nicht mehr so weit bis zu den Kumpels. Und der Schulbus fährt ganz in der Nähe ab. Gleich nachdem der Kaufvertrag unterzeichnet war, hat die Familie begonnen, das Haus von Müll zu befreien. Sogar ein paar Fenster sind schon repariert und gestrichen.

„Wir wollen so viel wie möglich erhalten“, sagt Herbst. Er schätzt, dass das Haus Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. Bis 2002 war es noch bewohnt. „Jeder Fußboden muss geöffnet werden, um Dämmung einzubringen. Ein paar Wände werden fallen, Fenster und Türen aufgearbeitet“, zählt Sabine Herbst die wichtigsten Arbeiten zusammen.

Erfahrungen beim Hausbau hat das Paar bereits, denn sein jetziges Haus an der Elbe hat es nach der Flut 2002 saniert. „Ein Kraftakt, den wir ohne die Hilfe von unseren Freunden nicht geschafft hätten“, sagt Herbst. Nach 2002 erwischte es die Familie im vergangenen Jahr noch einmal. Da hatte sie aber bereits das Erdgeschoss des Hauses geräumt und auch die Holzheizung und Elektroanlagen ausgebaut und sichergestellt.

Ferienwohnung geplant

Noch weitere Male, wenn die Elbe über ihre Ufer tritt, wurde Vorsorge getroffen. Das Ein- und Ausbauen ist jedes Mal ein großer Aufwand und die Technik leidet darunter. Immer in Gedanken, das gesamte Haus räumen zu müssen, haben sich die Gauernitzer letztendlich entschlossen, ihr idyllisches Haus in Elbnähe zu verlassen.

Ganz aufgeben möchten sie ihr jetziges Haus aber nicht. Da es direkt am Elberadweg liegt, wollen sie vielleicht eine Ferienwohnung einrichten. Das wird noch dauern. Drei bis fünf Jahre werden sie brauchen, bis ihr neues Domizil fertig ist. Viel Arbeit und jede Menge Geld muss die Familie investieren.

Damit es etwas leichter fällt, greift ihnen die Arbeiterwohlfahrt Sachsen unter die Arme. Kreisvorsitzende Eva Scharmann und Landesgeschäftsführerin Margit Weihnert haben sich vor Ort angesehen, was die Herbsts vorhaben, und ihnen einen Scheck in Höhe von 10000 Euro überreicht. Damit will die Arbeiterwohlfahrt symbolisch ein Stück Hilfe zurückgeben, die sie selbst beim Hochwasser erfahren hat, als in Grimma Einrichtungen des Wohlfahrtsverbandes vernichtet wurden.