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Wenn Friedenstauben Länder verbinden

Tschechen, Polen und Deutsche haben am Dreiländerpunkt dem Kriegsende vor 75 Jahren gedacht. Doch beim Treffen an der Neiße war nicht alles wie erhofft.

Von Rolf Hill
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Gedenkveranstaltung zu 75 Jahren Kriegsende am Dreiländerpunkt, Zittau.
Honorarfrei für Produkte von Sächsische.de und Sächsischer Zeitung.
Gedenkveranstaltung zu 75 Jahren Kriegsende am Dreiländerpunkt, Zittau. Honorarfrei für Produkte von Sächsische.de und Sächsischer Zeitung. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Tauben als Zeichen des Friedens sind an diesem Freitag über die Neiße geflogen. Zu den Klängen der Europa-Hymne stiegen über 100 Vögel in den Himmel. Gerade so, als hätten sie den Sinn und die tiefe Bedeutung dieser Gedenkstunde verstanden, zu der sich Tschechen, Polen und Deutsche anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung am Dreiländerpunkt trafen.

Der Frieden ist eine zarte Pflanze und muss jeden Tag aufs neue gehegt und gesichert werden. So lautete die einheilige Meinung. Besonders auf deutscher Seite war der Zustrom so groß, dass die coronabedingte Obergrenze von 50 Personen gerade so eingehalten werden konnte. Deutlich weniger Menschen fanden sich auf tschechischer und polnischer Seite ein, dort unter militärischem Schutz. Natürlich hätte man sich eine Feier in größerem Rahmen gewünscht, war im Vorfeld von tschechischer Seite zu hören, aber auch so müsse man besonders an einem solchen Tag die Zusammengehörigkeit und den Willen bekunden, dass solche schreckliche Ereignisse nie wieder möglich werden.

Polens Vertreter darf nicht ins Wasser

Dann erklangen von tschechischer Seite die Nationalhymnen der drei hier verbundenen Länder, Friedensgebete der hussitischen Pastorin Hedvika Zimmermannová aus Hrádek nad Nisou (Grottau) und eines polnischen Geistlichen folgten. Inzwischen machten sich auf tschechischer Seite Hradeks (Grottaus) Bürgermeister Josef Horinka, Liberec' (Reichenbergs) Bezirkshauptmann Martin Puta sowie Zittau Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) am Neiße-Ufer für einen neuen Abstieg ins Wasser bereit. Beide Seiten brachten Fliederkränze mit, die sie als Zeichen der Verbundenheit dem Fluss übergeben wollten. Der polnische Vertreter brachte ein ähnliches Gebinde mit – einen Kranz aus Rosen in den Nationalfarben rot und weiß. Ihm war allerdings der Gang in den Fluss verwehrt. Indessen reichten die tschechischen Freunde einen Korb mit Friedenstauben aus laminiertem Papier und leckeren Kolatschen hinüber.

Zur Gedenkveranstaltung an der Neiße kamen Vertreter aus Tschechien, Polen und Deutschland
Zur Gedenkveranstaltung an der Neiße kamen Vertreter aus Tschechien, Polen und Deutschland © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Zittaus OB Thomas Zenker stieg mit Hradeks Bürgermeister Josef Horinka und Bezirkshauptmann Martin Puta sogar in den Fluss.
Zittaus OB Thomas Zenker stieg mit Hradeks Bürgermeister Josef Horinka und Bezirkshauptmann Martin Puta sogar in den Fluss. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Am Ende flogen über 100 Friedenstauben über das Dreiländereck.
Am Ende flogen über 100 Friedenstauben über das Dreiländereck. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Die ursprüngliche Idee war, eine Kette mit Friedenstauben aus Papier über den Fluss zu allen drei Fahnen am Dreiländereck zu spannen. Doch die polnische Seite verweigerte die Genehmigung. So blieb – neben den Tauben im Korb – nur noch eine Minikette am Geländer der tschechisch-polnischen Fußgängerbrücke über den Ullersbach. Doch auch auf tschechischer Seite gab es ein Missgeschick. Geplant war, als letzten Programmteil symbolisch lebende Tauben von allen drei Seiten aufsteigen zu lassen. Doch beim Züchter in Hrádek nad Nisou (Grottau) suchten Greifvögel den Taubenschlag heim. So waren es dann eben nur die über 100 Friedensboten des Brieftaubenvereins "Heimatliebe" Zittau und der polnischen Züchter, die gemeinsam eine Runde über das gesamte Dreiländereck drehten. 

Anschließend gedachte die Zittauer Linke auf dem Frauenfriedhof der Befreiung, an dem sich etwa 30 Menschen beteiligten. "Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit keine Zeitzeugen mehr berichten können, müssen Erinnerung und Mahnung im gesellschaftlichen Gedächtnis verankert werden", teilt der Vorsitzende Jens Hentschel-Thöricht mit. Der "Saatboden für einen neuen Faschismus sei noch immer nicht ausgetrocknet. Die Zittauer Linken unterstützen auch die Bitte der Holocaust-Überlebenden und Vorsitzenden des Auschwitz-Komitees in Deutschland, Esther Bejarano, aus dem 8. Mai einen Feiertag zu machen.

Am Frauenfriedhof gedachte die Zittauer Linke der Befreiung.
Am Frauenfriedhof gedachte die Zittauer Linke der Befreiung. © Jens Hentschel-Thöricht

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