Von Thomas Schade
Sachsens Regierungschef Georg Milbradt (CDU) wünschte sich gestern auf dem Kommunalforum in Riesa vor allem eines: Die tausend Teilnehmer–Pädagogen, Bürgermeister, Polizisten, Juristen, Sozialarbeiter–sollten möglichst viele Adressen miteinander austauschen. Denn nur ein enges Netzwerk gesellschaftlicher Initiativen und Institutionen des Staates sowie der Kommunen könne dafür sorgen, dass in Sachsen kein Platz bleibt für Extremismus und Gewalt.
In der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und der Gewalt am Rande des Fußballs sei der Kampf um die Köpfe nicht allein mit Polizei und Justiz zu gewinnen, sagte Milbradt. Politische Meinungen wie die der NPD könnten nur gesellschaftlich bekämpft werden. Obwohl es in der Auseinandersetzung Erfolge gebe, „haben wir noch nicht die besten Handlungsoptionen und Lösungen gefunden“, räumte Milbradt ein.
Geld allein löst Probleme nicht
Der Regierungschef forderte die Kommunen auf, mit Problemen des Rechtsextremismus offen umzugehen, sie nicht zu verschweigen. „Wir ducken uns nicht weg“, sagte Milbradt und forderte alle Bürger auf, „Demokratie und die Werte eines friedlichen und toleranten Miteinanders zu verteidigen. Entschieden werde die Auseinandersetzung mit Extremismus und Gewalt in den Gemeinden. Milbradt warnte vor einem neuen NPD-Verbotsverfahren. Es würde mit hoher Wahrscheinlichkeit am Bundesverfassungsgericht scheitern.
Sozialministerin Helma Orosz (CDU) räumte in einer Podiumsdiskussion ein, dass es bei der Finanzierung der nichtstaatlichen Arbeit auf diesem Gebiet ein „Konfliktpotenzial“ gibt. In ihrem Haus werde zur Zeit daran gearbeitet, damit die wichtigen Demokratie-Projekte im Land nachhaltig und in verlässlichen Zeiträumen arbeiten können. Im Netzwerk Tolerantes Sachsen sind mehr als einhundert Projekte und Initiativen verankert.
Milbradt schränkte jedoch ein: Geld sei zwar ein Hilfsmittel, aber nicht die Lösung des Problems und könne persönliches Engagement nicht ersetzen. Das bestätigte der Pirnaer Oberbürgermeister Markus Ulbig: Wer von seinen Bürgern Engagement wolle, müsse selbst als Vorbild vorangehen. Die Geschäftsführerin des Kulturbüros Sachsen, Grit Hanneforth, erklärte, dass die Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten „rauer“ werde und zu Bedrohungen führen könne.
Adressen austauschen konnten die Teilnehmer des Forums vor allem an den 27 Ständen des Marktes der Möglichkeiten. Der war vor allem ein Schaulaufen staatlicher Institutionen, die sich als Ansprechpartner empfahlen. Für mehrere zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich ebenfalls präsentieren wollten, reichte angeblich der Platz nicht, hieß es bei Teilnehmern.
Dennoch zeigte sich Renate Maczurat zufrieden mit den Angeboten. Sie arbeite schon längere Zeit mit der Pirnaer Aktion Zivilcourage zusammen, sagte die Leiterin der 36. Dresdner Mittelschule. Frank Thorausch vom Landesarbeitskreis Mobile Jugendarbeit konnte über Kontakte nicht klagen. Mehr als 40 Lehrer und Bürgermeister hätten sich am Stand erkundigt, und eine Gemeinde habe sie schon eingeladen.
Kooperation mit Schulen
Kultusminister Steffen Flath (CDU) sagte der SZ, die Schulen sollten sich für Initiativen gegen Rechtsextremismus stärker öffnen und mit ihnen kooperieren. Demokratieerziehung beginne allerdings im Elternhaus. Dort sollten demokratische Entscheidungsprozesse eingeübt werden. Die Erwachsenen müssten ihre Vorbildrolle ernst nehmen, forderte er.