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Geldvernichtung wegen Bundesbehörde?

Freital kommt die Ansiedlung zunächst teuer zu stehen. Wie teuer, ist noch unklar. Der Bund der Steuerzahler hat dazu eine klare Meinung.

Von Annett Heyse
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Das Bürohaus an der Hüttenstraße gehört der Stadt Freital und soll kostspielig umgebaut werden.
Das Bürohaus an der Hüttenstraße gehört der Stadt Freital und soll kostspielig umgebaut werden. © Andreas Weihs

Wenn Freitals Stadträte am Donnerstagabend zusammenkommen, sollen sie unter anderem über eine Ausgabe von 678.000 Euro entscheiden. Das Geld ist noch gar nicht in den Haushalt eingeplant - es soll sozusagen spontan und trotz Haushaltssperre ausgegeben werden. Gebraucht wird es, um eine Außenstelle des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Freital anzusiedeln. 

Schon im April stand der Beschluss auf der Tagesordnung und sorgte für Kritik. Zu hoch waren den Stadträten die Kosten, zu hoch auch das Risiko. Zudem gab und gibt es zu viele offene Fragen. Fragen, auf die man auch beim Bund der Steuerzahler Sachsen gerne eine Antwort hätte. "Viele Regionen sollen von solchen Außenstellen partizipieren, eine solche Ansiedlung ist ja auch ein Wirtschaftsfaktor. Und das ist insofern erst einmal nicht zu kritisieren", sagt Präsident Thomas Meyer. Allerdings zeige sich im Falle von Freital deutlich eine Lücke zwischen der politischen Entscheidung einerseits und dem vor Ort Machbaren andererseits. 

Denn es gibt im Moment kein geeignetes Büroobjekt für die Cyber-Spezialisten. Deshalb soll das BSI in einem Neubau unterkommen. Den soll eine andere Behörde, das Bundesamt für Immobilienaufgaben, bauen. Dort befindet man sich noch im "Erkundungsverfahren", wie ein Sprecher mitteilt. Bei der Grundstückssuche hilft die Stadt Freital und hat eine Fläche an der Mozartstraße zum Kauf angeboten. Doch noch gebe es keine Planungen für den Neubau, keine Kostenberechnung, kein Budget, heißt es aus der Immobilienbehörde.

Solange der Neubau nicht steht, braucht es in Freital einen anderen Standort. Die Stadt hat dafür das Bürogebäude an der Hüttenstraße ins Auge gefasst, in dem derzeit das Landratsamt unter anderem mit der Zulassungsstelle und dem Bürgerbüro eingemietet ist. Damit dort die BSI-Mitarbeiter einziehen können, mussten etwa 50 Angestellte des Landratsamtes ausziehen, weitere sollen folgen.

Anschließend soll die Hüttenstraße umgebaut werden. Das BSI braucht Platz für 200 Mitarbeiter. Die Anforderungen sind hoch, denn es geht um Datenleitungen mit hohen Kapazitäten, abhörsichere Räume, Videoüberwachung, Überfall- und Einbruchmelder, Technikräume, neue Sanitäranlagen und vieles mehr. Geplant sind bis Mitte 2021 zwei Bauabschnitte - grobe Schätzung 3,8 Millionen Euro Baukosten. Zudem soll in einem dritten Bauabschnitt ein Anbau erfolgen, der nochmals 1,7 Millionen Euro kosten könnte. Genaue Zahlen kann die Stadtverwaltung nicht nennen. Nach Aussage von Baubürgermeister Jörg-Peter Schautz beruhen die vorläufigen Preisangaben auf Erfahrungswerten. "Eine Kostenberechnungen können wir erst vorlegen, wenn es eine konkrete Planung gibt", sagte Schautz in der Ratssitzung im April. 

Doch die Frage nach den Baukosten ist nicht die einzige unbekannte Größe. Für die Stadt geht es auch um die Amortisierung der Investitionskosten. Beim BSI geht man zunächst von fünf Jahren als Mieter in der Hüttenstraße aus, bis der Neubau steht. Angenommen, der Um- und Ausbau der Hüttenstraße kostet tatsächlich um 5,5 Millionen plus Planungskosten, müsste die Stadt auf monatliche Mieteinnahmen von etwas über 100.000 Euro kommen, um das Projekt in den fünf Jahren zu refinanzieren. 

Vielleicht aber bleibt das BSI auch länger, wie ein Sprecher des Immobilienamtes andeutet: "Es wird geprüft, ob die Hüttenstraße für eine dauerhafte Unterbringung bedarfsgerecht hergerichtet werden kann, oder ob die Bedarfe nur in einem Neubau dauerhaft gedeckt werden können." Mit anderen Worten: Alles ist offen und das Risiko, wenigstens nicht im Minus zu landen, bei der Stadt. Zumal es beim Bundesamt weiter heißt: "Aufgrund der Anforderungen des BSI zur technischen Ausstattung sind bislang alle am Projekt Beteiligten davon ausgegangen, dass dies nur in einem Neubau zu gewährleisten ist." Wahrscheinlicher ist also, dass das BSI irgendwann wieder auszieht.

Für den Bund der Steuerzahler ist die Sache damit klar. "Ein Privatmann würde ein solches Risiko nicht eingehen, zumal bisher nicht bekannt ist, wie das Gebäude nach dem Auszug des BSI weiter genutzt werden soll", sagt Thomas Meyer. Muss dann für einen neuen Mieter wieder alles umgebaut werden? Oder können die Räume und technischen Anlagen weiter genutzt werden? Ist das überhaupt nachhaltig, jetzt aufwendig umzubauen - die Hüttenstraße ist auch derzeit keine Schrottimmobilie - und dann nach fünf Jahren möglicherweise wieder alles rauszureißen? Meyer: "Man versucht krampfhaft, mehrere Handlungsebenen ins Gleichgewicht zu bringen. Das kann man aber nur mit Geld lösen, dem Geld des Steuerzahlers. Und das brauchen wir angesichts der Corona-Krise gerade dringend für andere Dinge", sagt Meyer.

Ob das die Stadträte auch so sehen, wird sich am Donnerstagabend zeigen. Die Sitzung findet im Kulturhaus Lutherstraße statt und beginnt 18.15 Uhr.

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