Von Andreas Kirschke
Unser Leitbild sagt: Behinderte Menschen sind von Gott geliebt und angenommen. Sie verdienen uneingeschränkte Wertschätzung“, sagt Bernhard Höhn, Heimleiter des Maria-Martha-Heimes Panschwitz-Kuckau. Eben diese Botschaft soll Ende Juni/Anfang Juli eine Festwoche hinaustragen. Besteht doch die Einrichtung, zu der heute auch eine Förderschule und eine Werkstatt gehören, bereits 30 Jahre. Ihren Namen verdankt sie zwei prägenden Figuren in der Bibel - Maria und Martha.
„Es ist ein schöner Zufall, dass Ihr Jubiläum gerade in das Europäische Jahr für behinderte Menschen fällt“, mit diesen Worten hat Ministerpräsident Georg Milbradt die Schirmherrschaft übernommen. „Damit ist die Gelegenheit gegeben, Ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit zum Wohle von behinderten Menschen die ihr gebührende Bedeutung und Anerkennung noch stärker öffentlich zu machen.“ Auch Caritas-Präsident Hellmut Puschmann würdigt das Engagement der Zisterzienserinnen-Abtei St. Marienstern als Rechtsträger des Maria-Martha-Heimes. „Sie haben vor 30 Jahren einen sehr großen und mutigen Schritt gewagt“, so der Präsident gegenüber Äbtissin Benedicta Waurick. „Er führte Sie heraus in eine neue Form sozialen Engagements und in einen ganz neuen Kontakt zur Welt und zur Gesellschaft.“
Die Vorgeschichte: 1967 begannen Aufräumungsarbeiten in den Ruinen des früheren Institutsgebäudes St. Josef. Damals erfolgten die Projektierung und der Aufbau einer Behinderteneinrichtung. 80 geistig behinderte Mädchen zogen im Januar 1973 als erste Mieter ein. Schwester Benedicta, heute Äbtissin, leitete die Station I, Schwester Theresia die Station II, Schwester Laurentia die Küche und Schwester Mauritia das Büro. Der Anfang fiel schwer. „Möbel mussten zusammengebettelt, Kleidung für die Mädchen über Spenden beschafft werden“, sagt Bernhard Höhn. „Monatlich einmal kamen Frauen aus der Gemeinde zum Flicken, damit die Sachen möglichst lange getragen werden konnten.“ Der erste Spielplatz (mit zwei Sandkästen) lag am Klostergarten vor dem Eiskeller. Für die 80 Bewohner fiel er noch viel zu klein aus. Schon damals ging es im Maria-Martha-Heim nicht nur um „Beaufsichtigung“, sondern um gezielte Förderung der Bewohner. Schwester Walburga bastelte einmal pro Woche mit ihnen. In der Arbeitstherapie – unter Anleitung von Schwester Perpetua – falteten die Behinderten etwa Pappen für Verpackungen von Zahnpasta-Tuben. „Viel Unterstützung kam von westdeutschen Kirchengemeinden und von der Caritas“, schildert Bernhard Höhn. „Sie halfen mit Arbeitsmaterial, mit methodischem Material.“
In die Freude über den Fall der Mauer 1989 mischte sich auch die bange Frage um die Zukunft der Einrichtung. Der persönliche Einsatz von Bischof Gerhard Schaffran, auch für erwachsene Behinderte Wohnstätten zu schaffen, sollte Früchte tragen. Entstand doch für über 20 volljährige Heimbewohner das „Anna-Haus“. Eine Entlastung für die beengten Wohnverhältnisse im Maria-Martha-Haus. „Mit der Währungsunion 1990 wurden die finanziellen Mittel des Maria-Martha-Heimes halbiert. Erneut eine schwierige Lage“, so der Heimleiter. Inzwischen hat sich die Einrichtung – auch dank besserer Pflegesätze – kontinuierlich entwickelt. Rund 100 Mitarbeiter sind heute insgesamt hier tätig. Zur Einrichtung gehören außer dem Maria-Martha-Haus noch die 1991 staatlich anerkannte Förderschule für 30 geistig Behinderte, seit 1997 das Josefshaus als Werkstattwohnheim, seit 1998 das Teresa-Haus als Wohnpflegeheim und seit 2000 die Werkstatt für behinderte Menschen St. Michael im Panschwitzer Hof. Geblieben und zukunftsweisend ist das Motto von 1973: „Jeder Mensch ist ein geliebtes Geschöpf Gottes.“
Eben deshalb organisieren Behinderte und Mitarbeiter auch eine Festwoche zum Jubiläum. Über 160 (!) Fachleute – Heilpädagogen, Sonderpädagogen, Krankenschwestern und andere Kräfte – kommen am 30. Juni zu einer Fachtagung zusammen. Ihr Thema: „Schwerstmehrfachbehinderte im europäischen Jahr der Behinderten“. Am 1. Juli ist um 14 Uhr im Kloster St. Marienstern ein Festgottesdienst. Erzbischof Dr. Giovanni Lajolo, Apostolischer Nuntius (Vertreter des Vatikans in Deutschland), und Dr. Albin Nees, Staatssekretär im sächsischen Sozialministerium, wollen kommen.
Am Tag der Behinderten, dem 2. Juli, erlebt das eigens fürs Fest er-stellte Jubiläumsvideo seine Uraufführung. Filmchronist Johann Krausche hat dafür zahlreiche historische Aufnahmen seit 1991 beigesteuert. „Übrigens können Interessenten diesen Jubiläumsfilm gern bei uns erwerben“, unterstreicht Höhn. Nach dem Tag der Behinderten, dem Tag der Mitarbeiter und dem Tag der „Ehemaligen“ folgt am Samstag, den 5. Juli, das Sommerfest – offen für alle. Gäste aus nah und fern sind dazu herzlich ab 13 Uhr im Innenhof des Klosters willkommen. Behinderte und Mitarbeiter bereiten Stände vor. Und ebenfalls offen für alle ist am 6. Juli ab 11 Uhr das Klosterfest.