Strafbefehl für Handwerker-Abzocke

Von Friederike Hohmann
Mit einem WC-Duftstein und Toilettenpapier hatten Mitarbeiter der MDR Sendung Voss & Team im Oktober 2016 die Toilette ihres Lockvogels präpariert und so eine Verstopfung herbeigeführt. Die Fernsehzuschauer konnten dann bei der im November 2016 ausgestrahlten Sendung miterleben, was die über eine örtliche Telefonnummer herbeigerufenen Handwerker in der Heidenauer Wohnung angerichtet hatten.
Zunächst war von einem kaputten Rohr die Rede. Dann wurde die Toilette abgeschraubt, der Fallstrang abgesägt und dann erst die Ursache der Verstopfung gefunden. Nachdem der Abfluss frei war, präsentierten die Handwerker die Rechnung. 1.951,32 Euro verlangten sie für ihr Tun. Für 25 Meter Rohrreinigung waren 565 Euro aufgeführt. Erforderlich wäre nach Aussage eines Gutachters lediglich ein Meter gewesen. Hinzu kamen noch Posten wie beispielsweise Hochdruckspülung für 226 Euro und eine TV-Untersuchung für 432 Euro. Für eine fachgerechte Beseitigung der Verstopfung wären laut Gutachter höchstens 250 Euro zu bezahlen gewesen.
89-jährige Seniorin betrogen
Frau B. aus Pirna war allerdings kein Lockvogel. Die damals 89-Jährige versuchte Anfang Oktober 2016 zunächst selbst, die Verstopfung ihrer Badewanne zu beseitigen. Da es ihr nicht gelang, suchte sie im Branchenbuch nach einer Rohrreinigungs-Firma. Sie wusste, dass man aufpassen soll, um nicht an Betrüger zu geraten und wählte deshalb die Nummer eines Anbieters mit Pirnaer Vorwahl. Dass ihr Anruf aber kein Telefon in Pirna klingeln ließ, ahnte die alte Dame nicht. Stattdessen landete Sie bei einer der vielen dubiosen Rohrreiniger-Firmen, die aus der Not anderer ordentlich Kapital schlagen.
Vor dem Amtsgericht Pirna kam dann zu Tage, wie es Frau B. mit den Rohrreinigern ergangen war. Es waren genau jene, die später den Mitarbeitern der Sendung Voss & Team ins Netz gegangen sind.
Eine halbe Stunde werkelten die Handwerker am Badewannenabfluss. Das hätte höchstens 400 Euro kosten dürfen. Von Frau B. wurden aber 1.311 Euro verlangt, und zwar sofort und in bar. Da sie so viel Geld nicht im Haus hatte, drängten die Täter sie, zur Bank zu gehen und Tausend Euro abzuheben. Die 150 Euro aus ihrem Portemonnaie kassierten sie sofort und die restlichen 161 Euro sollte sie dann noch überweisen.
Vermeintlicher Klempner muss Geld zurückzahlen
Gegen den 1997 geborenen Deutschen Ahmetcan S., der zur Tatzeit noch unter das Jugendstrafrecht fiel, wurde im Oktober vergangenen Jahres ein Strafbefehl über 60 Tagessätze erlassen. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt, ihn aber kurz vor dem Termin zurückgenommen. Das Geld, das er nach dem Strafbefehl zu zahlen hat, gilt als sogenannter Wertersatz und soll dann damit direkt an Frau B. aus Pirna ausgezahlt werden.
Vermittlungszentralen für Rohrreinigung oder Schlüsseldienste sind nach wie vor ein einträgliches Geschäftsmodell. Wenn die Tür zugefallen ist oder man seinen Schlüssel verloren hat, wenn stinkende Brühe trotz aller Bemühungen nicht durch den Abfluss laufen will, befindet man sich schnell in einer Notlage, die andere schamlos auszunutzen wissen.
Die Sächsische Zeitung hatte im Dezember 2018 über einen Prozess vor dem Amtsgericht Pirna berichtet. Damals hatte die Staatsanwaltschaft deutschlandweit ermittelt und konnte so dem Angeklagten Denis W. insgesamt sieben Fälle von Wucher und Betrug nachweisen. Richterin Simona Wiedmer verurteilte ihn daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Zurzeit läuft der Berufungs-Prozess vor dem Landgericht Dresden. Er wird am kommenden Montag fortgesetzt.
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