Von Jürgen Müller
Ein mutmaßlicher Kinderschänder aus Weinböhla musste sich gestern vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Meißen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten. Doch das Gericht unter Vorsitz von Richterin Ute Wehner (55) schloss die Öffentlichkeit kurz nach der Verfahrenseröffnung und noch vor Verlesen der Anklageschrift aus. Verteidiger Andreas Maier hatte den Antrag gestellt, die Öffentlichkeit von Punkten, die die Intimsphäre des mutmaßlichen Täters und der Opfer berühren, zeitweise auszuschließen. Das ist ein übliches Verfahren. Doch das Gericht schickte die Besucher gleich ganz raus. Nach Paragraf 109 des Jugendgerichtsgesetzes ist das möglich. Dort heißt es: „Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.“ Der mutmaßliche Täter war zur Tatzeit 20 Jahre alt. Heute ist er 24. Zu Beginn der Verhandlung war nicht absehbar, ob der Angeklagte nach Jugend- oder nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird. Einen Paragrafen aus dem Jugendgerichtsgesetz als Begründung für den Ausschluss anzuwenden, gilt als heikel.
Diese Verfahrensweise entspreche nicht der üblichen Praxis, sagt der Presserechtsanwalt Spyros Aroukatos, der auch die SZ vertritt. Das Gericht mache sich damit angreifbar, riskiere, dass das Urteil kassiert werde. „Liegen die Gründe nicht vor, ist allein schon der Ausschluss der Öffentlichkeit ein Revisionsgrund“, so der Presserechtler. An anderen Gerichten werden mutmaßliche Kinderschänder nicht geschützt.
Ute Wehner, seit 1982 Richterin in Meißen, ist dafür bekannt, dass sie die Öffentlichkeit ausschließt oder Verfahren gar nicht erst eröffnet, sondern hinter verschlossenen Türen dealt. So hat sie zum Beispiel ein Verfahren gegen einen Angeklagten, der der fahrlässigen Tötung beschuldigt wurde, gar nicht erst eröffnet, sondern zuvor mit Staatsanwalt und Verteidigung eine Verfahrenseinstellung gegen eine Geldauflage besprochen. Zehn Zeugen, die teils aus Hannover angereist waren, und zwei Sachverständige aus Tschechien, wurden gar nicht gehört. Die Angehörigen der Getöteten, die als Nebenkläger auftraten, waren ob der Verfahrensweise empört. Sie warfen der Richterin vor, nach Aktenlage vom Schreibtisch aus geurteilt, sich auf ein fehlerhaftes Sachverständigengutachten gestützt zu haben und ihrer gerichtlichen Aufklärungspflicht nach nachgekommen zu sein.