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Gerücht: Tscheche will Billigbrot verkaufen

Glashütte. Die Bäcker der Uhrenstadt wollen mit Qualität und gewohntem Geschmack gegenhalten.

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Von Maik Brückner

Ein Gerücht kursiert zurzeit in Glashütte: Ein tschechischer Bäcker wird bald Kuchen, Brötchen und Brote in der Uhrenstadt verkaufen. Und wie man aus Freital und Pirna weiß, zu besonders günstigen Preisen. Wie SZ erfuhr, schaute sich der Unternehmer aus Böhmen die Ladenfläche auf der Hauptstraße 23 neben der Fleischerei Schütze an.

Die Fläche steht zurzeit leer. Hausbesitzer Matthias Richter bestätigt den Kontakt zum Bäcker: „Die Interessenten waren vor drei Wochen hier.“ Bei dem Unternehmen handele es sich um das gleiche, das auf der Kesselsdorfer Straße in Dresden Backwaren verkauft.

Nachricht sorgt für Unruhe

Die Nachricht, dass es nun nach Glashütte kommen will, hat „für sehr viel Unruhe gesorgt“, sagt Bäckereimeister Joachim Lehmann. Seit Jahrzehnten gibt es mit ihm und der Bäckerei Gaffron zwei traditionsreiche Betriebe in Glashütte.

Nach dem Hochwasser 2002 eröffnete der Schlottwitzer Bäcker Gerd Degenkolbe noch eine Filiale in der Stadt. Damit ist Glashütte gut versorgt. Ein Billigbäcker aus dem Süden würde zwangsläufig einen Einheimischen aus dem Rennen werfen, glauben Kenner der Stadt. Für die SZ ein Grund, sich bei den einzelnen Bäckern umzuhören, was sie der möglichen Konkurrenz entgegensetzen wollen.

Einig sind sich alle, dass die Glashütter nach einer Geschäftseröffnung erst einmal die Kuchen und Brötchen des Tschechen probieren werden. „Das muss man abwarten“, meint Joachim Lehmann. Mit zwölf Mitarbeitern und zwei Filialen ist er der größere der beiden Glashütter Bäckereien. Er glaubt, dass seine Kunden nach dem kulinarischen Fremdgehen wieder zurück kommen. Die Tschechen backen nach anderen Rezepten. Er selbst hat in Pirna einige Produkte des dort tätigen tschechischen Bäckers probiert: „Es hat mir nicht geschmeckt.“ Im Übrigen geht er davon aus, dass die Tschechen nun nach und nach ihre Produktionsanlagen gemäß den Vorschriften der Europäischen Union umstellen müssen. Das kostet Geld und wird sich auch auf den Preis der Produkte niederschlagen, glaubt Lehmann, der auch Innungsmeister der Bäcker im Weißeritzkreis ist.

Etwas ratlos reagiert Lehmanns Kollege Sebastian Gaffron: „Ich erwarte das mit Spannung“. Ob der Billigbäcker in Glashütte Erfolg hat, „kommt auf die Kundschaft an“, meint er. Schon jetzt ist sich der Konditormeister sicher, dass er Kunden verlieren wird. Ein Manko des 1969 gegründeten Familienbetriebs ist sicherlich, dass er weder über eine Filiale noch über einen mobilen Verkaufswagen verfügt.

Etwas besser ist da Gerd Degenkolbe aufgestellt. Für den Schlottwitzer ist Glashütte so etwas wie ein zweites Standbein. Angst vor der Billigkonkurrenz hat er nicht: „Seit der Wende musste ich mit vielen Veränderungen leben. Bis jetzt habe ich alles überstanden.“ Er hofft, dass die Kunden weiterhin die Handwerks-Qualität seiner 16 Mitarbeiter zu schätzen wissen.

Die Sorgen der Glashütter Bäcker haben inzwischen auch das Rathaus erreicht. Mehr als von den Gerüchten hat Bürgermeister Frank Reichel (CDU) aber noch nicht gehört. Eines kann er ausschließen: Die Stadt kann niemandem verbieten, billiges Brot und preiswerten Kuchen zu verkaufen.

„Brot ist zu teuer“

Matthias Richter sind die Sorgen der Bäcker egal. „Jeder ist sich selbst der nächste“, sagt der Glashütter. Er selbst kaufe schon lange nicht mehr bei den Einheimischen sein Brot, weil es ihm zu teuer ist. Geschmacklich sei das tschechische Brot auch nicht schlechter.

Noch weiß Richter nicht, ab wann er sich bei seinen regelmäßigen Einkaufsfahrten ins Böhmische den Griff ins Brotregal sparen kann, weil es das billige Brot auch zu Hause gibt. Seit der ersten Nachfrage hat sich der tschechische Bäcker nicht mehr bei ihm gemeldet. „Ich habe drei Wochen von ihm nichts gehört“, berichtet der Glashütter. Das soll aber nichts heißen. Matthias Richter glaubt, dass sich der Tscheche weitere Geschäftsräume in der Stadt angeschaut hat.

Dem Gewerbeamt der Stadt hingegen liegt bis jetzt noch kein Antrag auf die Errichtung einer Verkaufsstelle vor. „Über meinen Tisch ist noch nichts gegangen“, sagt die fürs Gewerbe zuständige Hauptamtsleiterin Siegrid Fiedler.