Von Hans-Jörg Schmidt, SZ-Korrespondent in Prag
Wollten Sie mal schnell über die Autobahn zu einem Besuch nach Prag? Dann planen Sie das besser nicht für das erste April-Wochenende. Dann nämlich ist die Moldaustadt voll in der Hand der ganz großen Politik. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft hat zu einem Gipfel Europa/USA eingeladen und in Washington massiv gearbeitet, um auch den neuen Präsidenten Barack Obama nach Prag zu locken. Obama wird kommen – und mit ihm der Kollaps.
Die Prager haben Erfahrungen mit Besuchen amerikanischer Präsidenten. George Bush war zum ersten Jahrestag der Samtrevolution hier, Bill Clinton trank ein Pilsner im „Goldenen Tiger“ und spielte Saxofon im Jazzklub Reduta. George W. Bush krönte mit seiner Anwesenheit den ersten Nato-Gipfel in einem früheren Ostblockland. Die hohen Gäste erfreuten sich eines besonderen Schutzes, nicht nur durch die Bodyguards aus Übersee. Auch die tschechischen Gastgeber boten alles an Sicherheitskräften auf, was sie zur Verfügung hatten.
Weg von den Gardinen!
Wenn jetzt Obama kommt, soll gar eine Eliteeinheit zur Bekämpfung von chemischen Waffen in Alarmbereitschaft versetzt werden. Gar nicht zu reden von den üblichen Scharfschützen auf den Dächern und den Anweisungen an die Mieter von Häusern entlang der Fahrtrouten, dann nicht einmal mit der Gardine am Fenster zu wackeln.
Bereits am Dienstag reisen amerikanische Sicherheitsleute nach Prag, um mit den Tschechen alle eventuellen Aufenthaltsorte Obamas zu checken. Da Vaclav Klaus Obama auf der Burg empfängt, wird die samt Burggärten eine Woche vorher für Touristen dichtgemacht. Auch die Karlsbrücke wird für den Präsidenten geräumt. Der soll ja alle schönen Ecken der Moldaustadt sehen. Tschechisches Bier will er ebenfalls trinken, eine Kneipe dafür wird noch ausgesucht.
Klar zu sein scheint, wo Obama und Ehefrau Michelle nächtigen werden. Wie bei Clinton und Bush junior ist die Präsidentensuite im Hotel Hilton Old Town nahe von Wenzelsplatz und Altstadt vorgesehen. Das Haus steht ziemlich allein an der Stadtautobahn und lässt sich so besonders gut bewachen. Zudem ist die Übernachtung nicht so wahnsinnig teuer, was in Krisenzeiten wichtig ist. 28000 Kronen pro Nacht sind umgerechnet etwas mehr als 1000 Euro. Im Preis inbegriffen ist ein eigener Lift. Das Präsidentenpaar hat einen Wohnraum, ein Schlafzimmer, ein Speisezimmer, eine Küchenecke und zwei Luxusbäder zur Verfügung. Auf einem Fernseher gibt es CNN, und im Internet surfen kann das Paar auch.
Vielleicht eine Massage?
Die Angestellten im Hilton sehen dem Besuch erwartungsvoll entgegen, darunter auch zwei Damen, die einst zur Verfügung standen, Bush junior zu massieren. Wozu es seinerzeit aber nicht kam, obwohl selbst das Massageöl zuvor von Sicherheitskräften kontrolliert worden war. Jetzt hoffen die beiden Damen auf Obama. Wenn sie es denn pünktlich zu ihrer Schicht schaffen, denn selbstverständlich unterliegen auch die Angestellten den scharfen Kontrollen, ähnlich wie auf einem Flughafen. Bei Bush junior dauerten die sage und schreibe 40 Minuten.
Wer übrigens denkt, er könne Prag an besagtem Wochenende auf Schleichwegen erkunden, der irrt. Es wird nämlich auch zahlreiche Demonstrationen und Märsche für und gegen Amerika und vor allem gegen das in Tschechien geplante Radar für den US-Raketenschirm geben. Und die Veranstalter suchen dafür schon ziemlich verzweifelt nach Straßen und Plätzen, die nach bisherigen Erkenntnissen nicht ohnehin schon gesperrt sein werden.