Von Britta Veltzke
Die Neulinge warten im Biergarten auf ihr Freibier. Holzwurm-Kneipier Tilo Zocher hat die Lokalrunde versprochen, wenn mindestens drei Freie Wähler ins Stadtparlament einziehen. Die Gruppe, die sich aus der Initiative für Riesa gebildet hat, tritt bei dieser Kommunalwahl zum ersten Mal an. Im Holzwurm war es den Nachwuchspolitikern bei ihrer ersten Wahlparty zu stickig. Und obwohl in Innern schon alles vorbereitet war, um die Ergebnisse auf einem großen Bildschirm zu verfolgen, hat es sie raus in den Garten gezogen. Dort klappt es auch – nach anfänglichen Schwierigkeiten – mit der Technik. Drei Stimmbezirke sind bereits ausgezählt als endlich die ersten Ergebnisse auf dem Laptop-Bildschirm des jüngsten Stadtratskandidaten, Rudolph Gallitzdorfer, auftauchen. „Na endlich“, sagt der 21-Jährige erleichtert und scrollt runter zu den Balkendiagrammen, die das Stimmergebnis jedes einzelnen Kandidaten anzeigen. Stefan Schwager, der auf der Party noch auf sich warten lässt, steht zu diesem Zeitpunkt auf Platz eins bei den Freien Wählern – dicht gefolgt von Dirk Haubold. Nebst Bier wischt er sanft über die Oberfläche seines Smartphones, um sich stets mit den aktuellen Infos zu versorgen. Von Klick zu Klick laufen die aktuellen Ergebnisse ein. Drei Mandate sind ihr Ziel – die Fraktionsstärke.




Wenige hundert Meter weiter sitzt die SPD im Gewerkschaftshaus bei Schnittchen – nur Andreas Näther ist nicht da. „Der Näther kommt später“, witzeln die Genossen – ein Spruch, der sich in solchen Situationen eingebürgert zu haben scheint. Im Halbkreis sitzen die SPD´ler um einen Tisch und schauen, wie sich „ihr“ Balken in der Ergebnispräsentation, die die Stadt auf ihrer Homepage bereitgestellt hat, entwickelt. Vor Kopf sitzt der erste Mann auf der Liste: Hannes Keuerleber. Zu diesem Zeitpunkt – sieben Kreise sind jetzt bereits ausgezählt – steht der Ortsgruppenchef, der neu in den Stadtrat einziehen möchte, auf Platz drei der Wählergunst. Die Ergebnisse der Europawahl geben ihm Hoffnung, das angepeilte Ziel zu erreichen: „Wenn wir hier in Riesa den gleichen Sprung machen, den die SPD auf EU-Ebene gemacht hat, bin ich guter Dinge“, sagt Keuerleber. Doch die Ergebnisse auf der Leinwand verheißen anderes: Drei Sitze, statt der bislang vier würden die Sozialdemokraten demnach gewinnen.
Ortswechsel: Eine Stimmung zwischen Siegessicherheit und Trübsal herrscht im Riesenhügel. Im selben Saal „feiern“ die Liberalen und die CDU. FDP-Mann Dietrich Hoffmann steht gemeinsam mit seinen Parteifreunden im Eingangsbereich – in sicherer Entfernung zur Leinwand berichtet er, wie ihm wenige Stunden vor der Wahlparty noch ein älterer Herr mit seinem Moped aufgefahren sei. Ein schlechtes Omen? Könnte man meinen. Bei unter fünf Prozent steht die FDP nach sieben ausgezählten Wahlbezirken. Die ersten Plakate hat der Listenplatz Zweite bereits abgenommen. „Jetzt bringen sie ja eh nichts mehr“, sagt der 29-Jährige im Riesenhügel, während sich die Nummer Eins der Liberalen, Christian Thielemann, die Statistik lieber zu Hause anschaut.
Ein Raunen geht durch den Saal als die Ergebnisse erneut aktualisiert werden – weniger, weil sich der Balken der Christdemokraten nennenswert verschoben hätte, als vielmehr, weil sich die Wahlbeteiligung erneut nach unten entwickelt hat. Etwa jeder dritte ist demnach zu Wahl gegangen. Bei der letzten Gemeinderatswahl lag diese immerhin noch bei rund 40 Prozent. Ansonsten lehnen sich Marco Müller und Co entspannt zurück – das Ergebnis pendelt sich bei um die 40 Prozent ein – rund vier Prozentpunkte mehr als beim letzten Mal.
Gute Stimmung herrscht trotz stickiger Luft im Büro der Linken auf der Bahnhofsstraße. Bei der Europawahl hat die Partei hinzugewonnen – und auch für die Stadtratswahl sieht es nach zwölf ausgezählten Bezirken so aus, als hätte die Partei um Listen-Anführerin Uta Knebel leicht hinzugewonnen. Vor Kopf beobachtet Knebel mit den Parteifreunden die Ergebnisse auf der Leinwand und streift parallel über ihr Handy, auf dem die Infos ebenfalls einlaufen. „Ich hoffe, der Akku hält bis zum Schluss“, sagt die gespannt.