Gesundheit bleibt auf der Strecke

Döbeln. Schritt für Schritt kehrt Deutschland in der Corona-Krise langsam wieder zur Normalität zurück. Einige Branchen liegen aber nach wie vor völlig brach. Die Fitnessstudios fühlen sich von der Politik bisher nicht beachtet. „Dabei sind wir auch systemrelevant“, sagt Kay Leupold, der die Fitnessstudios „Femininbodies“ und „Masculinbodies“ in Döbeln betreibt. Er ist einer von fast 4.000 Studiobetreibern, die sich in einer bundesweiten Initiative deutscher Fitnessunternehmer an die Politik wenden.
Viele Kunden kämen nicht nur wegen eines ästhetischen Körpers ins Studio, sondern um etwas für ihre Gesundheit zu tun. „Das Training fehlt. Jetzt gehen die Rückenschmerzen wieder los und der Bluthochdruck kommt zurück“, sagt Leupold. In Studio kämen Menschen, die unter Diabetes leiden, an Krebs erkrankt sind oder Gelenkprobleme haben. Seine Studios könnten nach Leupolds Überzeugung auch die nötigen Hygieneregeln einhalten. „Wir haben 500 Quadratmeter. Da kann man das alles organisieren.“
Politik und Gesundheitsbehörden müssten klare Regeln für den Betrieb der Studios festlegen. Zum Beispiel, wie viele Menschen sich dort aufhalten können“, sagt Leupold. „Wenn die Leute in den Supermarkt gehen, halten sie oft nicht mehr die Mindestabstände ein. Wir könnten das machen. Dann wird eben nur an jeden zweiten Gerät trainiert. Mit einem Zirkeltraining ließe sich das genau steuern“, so der Fitnesstrainer.
Auch Schutzwände wären machbar. Über eine Handy-App könnten auch Trainingstermine festgelegt werden, sodass nur kurze oder gar keine Wartezeiten für die Kunden entstehen. „Desinfektion der Geräte gehört bei uns schon immer zur Routine. Auch Lüften ist kein Problem. Wir haben eine ganze Fensterfront“, sagt er. Das Duschen im Studio wäre in der Corona-Krise allerdings nicht möglich.
Der wirtschaftliche Schaden sei jetzt schon enorm. Noch halten viele Kunden zur Stange und zahlen ihre Beiträge weiter. „Aber je länger es dauert, umso mehr werden abspringen. Viele sind in Kurzarbeit und wissen auch noch nicht, wie es weitergeht“, sagt Leupold. Er hat seine sechs Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Die 9.000 Euro Soforthilfe reichten gerade aus, um die Ausfälle durch abgesprungene Kunden zu kompensieren. Denn neue kommen derzeit nicht dazu. „Wenn es noch länger dauert, müssen wir ein Darlehn aufnehmen. Aber das ist zurückzuzahlen, und das müssen wir erst mal schaffen.“
Thorsten Hartwig, Geschäftsführer des Sport- und Freizeitzentrums WelWel, ist skeptischer, dass sich im Trainingsbetrieb im Fitnessstudio die Sicherheitsbedingungen wirklich umsetzen lassen. Dazu sei das Kundenklientel in seiner Mentalität und Einstellung zu den Corona-Bestimmungen zu unterschiedlich. Auch das umlaufende Besetzen der Trainingsgeräte hält er für schwierig. „Jedes Mitglied hat ja einen individuellen Trainingsplan.“ Es sei auch ein großer Aufwand, die Geräte zu desinfizieren. Bei einem Personaltraining mit 1:1 Betreuung sei es dagegen einfacher, die Regeln einzuhalten.
„Wir hoffen, dass es bei uns mit Einschränkungen am 15. Mai wieder losgeht. Wir wollen uns auf unseren großen Reha-Bereich konzentrieren“, sagte Hartwig. Dieser Fitness-Bereich, der in Gruppen praktiziert wird, lasse sich im WelWel am leichtesten umsetzen. „Wir sind dabei, unsere große Tennishalle dafür herzurichten.“ Durch Markierungen auf dem Boden sollen die nötigen großen Abstände zwischen den Trainierenden hergestellt werden. Viele von ihnen sind chronisch krank. „Es muss etwas passieren. Sonst sterben diese Leute an anderen Krankheiten als Corona“, sagte Hartwig. „Wir haben viele bei uns, die den Sport wirklich brauchen. Über 50 Prozent der Mitglieder sind wegen der Gesundheit da. Die versorgen wir zwar mit Übungen für zu Hause, aber die Motivation im Studio ist eine andere.“
Das WelWel treffen die Einschränkungen in der Krise doppelt. Das Sport- und Freizeitzentrum betreibt nicht nur den Fitnessbereich, sondern auch eine große Gastronomie. In den Genuss der Soforthilfe kommen die Betreiber nicht. „Wir haben mehr als zehn Leute und fallen damit aus der Zuschussförderung raus.“ Nach den nicht immer guten Erfahrungen mit der SAB nach dem Hochwasser 2013 sei man „sehr zurückhaltend, was Förderanträge betrifft. Wir hoffen auf einen Zuschuss“, so Hartwig. Mit der Aufnahme von Krediten – und seien sie noch so günstig – werde das Problem nur nach hinten verschoben.
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