Geteilter Protest in Riesa

Riesa. Ein großer Spaziergang durchs Zentrum und ein kleiner in Weida – das ist die grobe Bilanz der Proteste gegen die Corona-Politik vom Montagabend in Riesa.
Am Rathausplatz, dem Start- und Zielort eines Spaziergangs durch die Innenstadt, hatten sich kurz zuvor nach SZ-Schätzung etwa 100 Menschen rund um den Zunftbaum nahe Kaffee Starke versammelt. Kurz nach 19 Uhr setzte sich die Gruppe Richtung Innenstadt in Bewegung. Über den Boulevard ging es bis zum Puschkinplatz weiter die Bahnhofstraße entlang bis zum Riesenhügel, von da aus über den Karl-Marx-Ring weiter zur Breitscheidstraße, wieder zum Puschkinplatz und über den Boulevard zurück zum Startpunkt.
Für die reichlich drei Kilometer lange Strecke brauchten die Teilnehmer eine knappe Stunde. Die Spaziergängerschar lockte Schaulustige an, die von Balkons anliegender Wohnhäuser das Geschehen verfolgten. Plakate oder Banner gab es für die Zuschauer aber nicht zu sehen, auch Parolen wurden keine gerufen, der Protest verlief quasi still. Am Ende des Spaziergangs applaudierten die Teilnehmer offenbar einander.
Mund-Nasen-Schutz war bei den Spaziergängern nicht zu sehen. Auch Abstandsgebote spielten offensichtlich keine Rolle. Als Demo angemeldet war der Spaziergang nicht, hieß es von den Behörden. Die Polizei hatte das Geschehen im Blick, hielt sich aber im Hintergrund. Sie zählte nach eigenen Angaben 40 Teilnehmer. Im Umfeld der Spaziergänger war von 200 Teilnehmern die Rede. Mit Blick auf die Teilnehmer sprachen Beobachter von einem überwiegend bürgerlichen Publikum, das anscheinend nicht nur aus Riesa, sondern auch benachbarten Orten gekommen war.
Keine Parteidemo
Deutlich weniger Zulauf als der Innenstadt-Spaziergang hatte die angemeldete Demo an der Langen Straße/Grenzstraße, wo Montagabend ab 19 Uhr eine Stunde lang mit Mund-Nasen-Schutz, Mindestabstand und Transparenten protestiert wurde. Laut Polizei, die mit Einsatzkräften zur Absicherung vor Ort war, kamen 13 Menschen zusammen.
Zur Teilnahme war im Vorfeld unter anderem über die Facebookseite des Meißner Landtagsabgeordneten Carsten Hütter (AfD) aufgerufen worden. Demo-Anmelder Enrico Barth betonte aber gegenüber der SZ, dass es sich nicht um eine Versammlung der Partei handelte. Wie in der Vorwoche habe er die Demo als Privatmann angemeldet, so der Unternehmer, der für die AfD Bürgermeister in Stauchitz werden will. Unter den Teilnehmern seien auch Leute, die keine AfD-Mitglieder, -Sympathisanten oder -Förderer sind. Laut Barth kam die Versammlung auf 17 Teilnehmer, darunter auch AfD-Landtagsabgeordneter Hütter. Die Demo richtete sich wie in der Vorwoche gegen einen Impfzwang und verstand sich als Protest für die Grundrechte.
Ein Schulterschluss mit den Innenstadt-Spaziergängern sei durchaus gewünscht, sagte Enrico Barth auf SZ-Nachfrage – man habe ja im Grunde die gleichen Ziele. "Aber wie wollen wir einen Schulterschluss machen, wenn es keinen Verantwortlichen gibt?" Man habe versucht, einen Verantwortlichen herauszufinden, es sei aber schwierig. Wenn man wisse, um wen es sich handelt, würde man auch zum Innenstadt-Protest gehen, so Barth.
Die angemeldeten Demos aus dem AfD-Umfeld sollen deshalb weitergehen. Nächste Woche aber an einer neuen Stelle – man wolle den Protest jetzt an verschiedenen Orten stattfinden lassen, so Enrico Barth. Nächsten Montag an der Bebelstraße, zwischen Trinitatiskirche und Krankenhaus-Kreisverkehr.
Bei der Polizei geht man davon aus, dass man kommende Woche wieder einen Spaziergang in Riesa begleiten wird. Und auch bei der geplanten Demo an der Bebelstraße dürften die Beamten Präsenz zeigen. Finden die Organisatoren der Demo aus dem AfD-Umfeld und die Spaziergänger bis dahin nicht zusammen, geht der geteilte Protest in Riesa wohl weiter.