Seit 1990 ruht der Uran-Bergbau in der Region. Die Wismut GmbH saniert die einstigen Förderanlagen, Gruben und genutzten Flächen. Dazu sprach SZ mit Steffen Kurz, der seit April die Wismut-Niederlassung Königstein leitet.
Wie weit ist die Sanierung inzwischen fortgeschritten?
Wir sind fast bei der Halbzeit angekommen. Seit einem Jahr wird die Grube geflutet. Schon über 600 Millionen Euro sind in die Sanierung geflossen. Und es wird wohl noch einmal die gleiche Summe kosten, bis alles abgeschlossen ist.
Wann wird das sein?
Wir rechnen, dass es noch etwa 15 Jahre dauert, bis alles in dem Zustand ist, als ob hier kein Bergbau betrieben wurde. Das heißt, wie die Flächen einmal genutzt werden, ob sie Grünland werden oder Gewerbegebiet, dazu verständigen wir uns derzeit mit der Stadt Königstein. Wir als Wismut sind dafür verantwortlich, alles ohne Umweltbelastung zu verlassen.
Was hat der Uranabbau eigentlich hinterlassen?
Während des Bergbaus sind etwa 130 000 Tonnen Schwefelsäure in den Boden gelangt. Mit einer sehr schwachen Säurelösung wurde das Uran aus dem Sandstein herausgewaschen. Jetzt kommt es darauf an, das Grundwasser vor den Chemikalien zu schützen. Das ist aufwändig. Speziell dafür wurden über Jahre zahlreiche technische Verfahren entwickelt. Zudem haben wir ein ganzes Netz von über 600 Kontrollstellen zwischen Königstein, Bielatal, Langenhennersdorf und Struppen, Lohmen und Pirna eingerichtet, davon 217 Grundwassermessstellen. Seit letztem Jahr dürfen wir nun die Gruben fluten. Der Wasserstand wird schrittweise angehoben. Derzeit sind wir etwa bei 80 Metern über dem Meeresspiegel.
Schwefelsäure ist doch nicht die einzige Umwelt-Gefahr?
Sicher nicht. Das Grubenwasser, so die gesicherten Erkenntnisse, enthält zudem 75 000 Tonnen Sulfat, 19 000 Tonnen Eisen, 2 000 Tonnen Aluminium, 110 Tonnen Arsen, Cadmium und mehr.
Eine Giftküche. Kann das alles jemals beseitigt werden?
Sicher, da sind wir ja dabei. Die Gruben werden, einfach gesagt, solange durchspült, bis die Schadstoffe ausgewaschen sind. Pump- und Aufbereitungsstationen ziehen die Chemikalien heraus. Das wird aber Jahre dauern, bis die Grube der Natur zurückgegeben werden kann.
Und was ist mit der radioaktiven Strahlung?
Das im Erz gebundene Uran ist im Naturzustand und birgt bei sachgemäßem Umgang keine Gefahren. Die Mitarbeiter, vor allem die 218 Kumpel unter Tage, werden ständig mit einem Personendosimeter überwacht. Da gibt es strenge Vorgaben. Die Dosimeter werden am Mann getragen und durch das Bundesamt für Strahlenschutz Berlin ausgewertet.
Wie hoch sind die Belastungen?
Die durchschnittliche Dosis hat sich von 5,1 Millisievert (mSv) 1992 auf 1,5 mSv verringert. Damit werden die Grenzwerte sicher eingehalten. Bis 2001 lag der Grenzwert bei 50 mSv, seit August 2001 liegt er bei 20 mSv, also weit über der Belastung, die hier in Königstein gemessen wird. Trotzdem behalten wir die Überwachung mit den Personendosimetern bei, um bei Bedarf rasch eingreifen zu können.
In den Medien war im vergangenen Jahr die Rede von Ausnahme-Grenzwerten in Ostdeutschland, die die Betroffenen einer höheren Strahlenbelastung aussetzen, als das im Altbundesgebiet zulässig ist.
Das stimmt, es gibt eine Ausnahmeregelung. Doch wie die Zahlen zeigen, haben wir für die Mitarbeiter schon viel erreicht. Sie werden zudem ständig von Experten gesundheitlich betreut. Das ist über den arbeitsmedizinischen Dienst gesichert. Erreicht ein Mitarbeiter die zulässige Dosis für sein Berufsleben, müssen sein Arzt und er einwilligen, dass er weiter an einem strahlenbelasteten Arbeitsplatz tätig ist. Ansonsten suchen wir für ihn nach neuen Einsatzmöglichkeiten. im Unternehmen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie noch und wie viele waren es zu Beginn der Sanierung?
Zur Wende gehörten zum Sanierungsbetrieb Königstein einschließlich Betriebsteil Dresden-Gittersee 2 816 Mitarbeiter. Heute hat der Standort Königstein 603 Beschäftigte, davon 218 unter Tage.
Welches Ausmaß hat das Stollensystem unter Tage?
Die Lagerstätte erstreckt sich 4 500 Meter in Nord-Süd-Ausdehnung und 1 500 Meter in Ost-West-Richtung. Es gibt gegenwärtig etwa 41 Kilometer Stollen.
Was passiert derzeit ganz konkret unter Tage?
Wir bereiten den Bau der letzten beiden von 19 Flutungs-Druckdämmen 94 Meter über dem Meeresspiegel vor. Das ist genau unterhalb der neuen Silos auf unserem Betriebsgelände.
Das Gespräch führte Heidi Körner.