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Glocken sollen wieder rufen

Dorfhain. Um den Glockenturm zu sanieren, lädt die Gemeinde zu einem Benefizkonzert ein.

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Von Matthias Bräutigam

Die kleine Dorfhainer Kirche hat große Probleme: Im Zweiten Weltkrieg wurden ihre Glocken von der Rüstungsindustrie beschlagnahmt und eingeschmolzen. In den ersten Nachkriegsjahren waren die Dorfhainer Christen bestrebt, diesen Mangel möglichst schnell zu beheben und weihten schon 1949 ein neues Geläut ein, das aber nicht wie das vorherige aus Bronze, sondern aus Kostengründen nur aus Eisen sein konnte. Um in Klangfülle und Tonhöhe ein ähnliches Ergebnis wie vorher zu bekommen, mussten die neuen Glocken größer und demzufolge auch schwerer konzipiert werden. Das ging jahrzehntelang gut, hat aber nun weitreichende Folgen: die statische Konstruktion des Dachreiters war nur auf das Gewicht der Bronzeglocken ausgelegt und ist auf Dauer der wesentlich höheren Belastung durch die Eisenglocken nicht gewachsen. Es traten Risse im Mauerwerk auf, die auf das Problem aufmerksam machten. Die Folge war ein zunächst absolutes, heute ein wenig gelockertes Läuteverbot – das heißt zu bestimmten Anlässen darf die kleinste Glocke geläutet werden; das ist aber nur ein Gebimmel im Vergleich zur Fülle der Gesamtanlage, an die die Dorfhainer gewöhnt sind.

Außerdem traten bei der Untersuchung der Statik des Dachreiters beängstigende Mängel zu Tage, die wohl auch der schwierigen Materiallage in DDR-Zeiten geschuldet waren: die im Laufe der Jahrzehnte notwendig gewordenen Reparaturen konnten nicht immer sachgemäß ausgeführt werden, etliche Balken sind morsch und müssen dringend ausgewechselt werden.

Das daraufhin gemachte Gutachten stellt die Kirchgemeinde vor eine riesige Herausforderung, denn die veranschlagte hohe fünfstellige Summe muss zu einem Gutteil von ihr selber aufgebracht werden. Und ehe der Dachreiter nicht saniert ist, wird auch das Läuteverbot nicht aufgehoben! Und das ist für die Kirchgemeinde ein unhaltbarer Zustand. Denn die Glocken unserer Kirche rufen zum Gottesdienst, zum Gebet, verkünden frohe und traurige Nachrichten wie Hochzeit, Taufe oder Tod. Sie sind die weithallende Stimmen der Kirche, die seit Monaten in dem Dorf am Tharandter Wald verstummt sind.

Um dem abzuhelfen, findet am Sonntag ein Benefizkonzert mit Andreas und Friedemann Weber statt. Andreas Weber verbindet eine lange Beziehung zu Dorfhain: Hier sammelte er seine ersten kirchenmusikalischen Erfahrungen. Manche Bekanntschaft hält bis heute. Es ist für die Dorfhainer eine Freude und Ehre, dass er seit einigen Jahren wiederholt gekommen ist, um die Gemeinde als Organist oder als Leiter seiner Meißner Jugendkantorei zu erfreuen.

Der Autor ist Vorsitzender des Dorfhainer Kirchenvorstandes und als Cellist an der Dresdner Philharmonie tätig.