Von Carina Brestrich
Chiara Gasparini hat ein Gespür für traumhafte Regionen. Seit einigen Wochen steht die 32-Jährige hinter dem Tresen in der neuen Touristinformation im Treff-Punkt in Königstein. Dort hilft die junge Frau bei der Suche nach der passenden Pension, dem idealen Ausflugsziel oder dem richtigen Weg. Und das, obwohl die Sächsische Schweiz erst seit einem halben Jahr ihre Heimat ist. Dass das aber kein Problem ist, hat sie kürzlich bewiesen – bei einem ganz besonderen Besucher.
Eigentlich stammt Chiara Gasparini aus Italien. Aus einer Kleinstadt in der Lombardei, dem Landstrich zwischen Mailand und Verona. Vor neun Jahren folgte sie ihrem Mann – ein Halb-Italiener – nach Dresden. Während er zur Uni ging, half Chiara Gasparini in der Küche eines deutschen Restaurants in der Dresdner Neustadt aus: „Ich konnte damals kein Deutsch. Aber ich wollte so schnell wie möglich die Sprache lernen“, erzählt sie. Nebenbei belegte Chiara Gasparini Deutsch- und Integrationskurse, bis sie sich selbst zwei Jahre später für Kunstgeschichte und Geschichte an der Uni einschrieb. „Das war eine anstrengende Zeit“, erzählt sie. Denn zwischendurch kam noch Töchterchen Lisa zur Welt. „Da muss man sich gut organisieren“, sagt sie.
In Königstein ist Chiara Gasparini schließlich durch Zufall gelandet. „Wir haben für uns und meine Schwiegereltern ein Haus mit Garten gesucht“, erzählt sie. Über das Internet wurde die Familie in Königstein fündig. Entgegen den Zweifeln von Freunden, ob die Festungsstadt tatsächlich das Richtige wäre, packte die Familie im Dezember die Umzugskisten. Und tatsächlich: „Es ist super hier. Die Schule ist gleich um die Ecke, und mein Mann kann bequem mit der S-Bahn nach Dresden zur Arbeit pendeln“, sagt sie. Überhaupt sei die Familie sehr freundlich empfangen worden: „Ich erinnere mich noch, wie mir in der ersten Woche eine alte Dame mit Rollator beim Tragen der Einkäufe geholfen hat. Das hab ich in Dresden nicht so erlebt.“
Das Glück perfekt macht seit Mai Chiara Gasparinis neuer Job in der Touristinformation. „Als ich aus Neugier in den Treffpunkt gegangen bin, habe ich mir sofort gedacht: Das wäre die richtige Arbeit für mich“, sagt sie. Immerhin hat Chiara Gasparini Erfahrung in Sachen Tourismus. In Italien hat sie ein Fachabitur mit Schwerpunkt auf Tourismus gemacht, in Ägypten bespaßte sie als Animateurin Kinder, und in Mailand arbeitete sie zeitweise bei einer Fluggesellschaft. Obendrein spricht die 32-Jährige neben Italienisch und Deutsch auch Englisch, Spanisch und Französisch. Ein großer Vorteil für die Touristinformation, in der häufig auch ausländische Gäste um Auskunft bitten: „Ich spreche täglich Englisch. Und Italienisch und Spanisch habe ich auch schon angewendet.“
Dass sie dank Infobroschüren und eigener Erkundungsausflüge inzwischen auch über die Sächsische Schweiz ganz gut Bescheid weiß, zeigte sie kürzlich bei einem Inkognito-Besuch des Deutschen Tourismus-Verbandes (DTV). Zum dritten Mal hatte sich die Königsteiner Touristinfo um die rot-weiße i-Marke des Verbandes beworben. Um das Gütesiegel erneut zu erhalten, sollte Chiara Gasparini dem als Tourist getarnten DTV-Prüfer Pensionen heraussuchen, in denen Haustiere erlaubt sind. „Es war ein stressiger Tag. Da war hier ganz schön viel los“, erinnert sich Chiara Gasparini. Geklappt hat es dennoch: Mit einem Ergebnis von 86 Prozent liegt die Königsteiner Touristinfo sogar zehn Prozent über dem sächsischen Durchschnitt: „Als ich erfahren habe, dass ich getestet wurde und alles positiv war, habe ich vor Aufregung gezittert“, erzählt die Italienerin.
Angekommen, so fühlt sich Chiara Gasparini in Königstein. „Ich habe einen Job, von dem ich mir endlich vorstellen kann, ihn bis zur Rente zu machen“, sagt sie. Und auch privat fühlt sich die Italienerin in Königstein wohl. Neulich habe sie mit ihrem Mann in der Abendsonne einen Spaziergang an der Elbe in Königstein gemacht: „Ich habe zu ihm gesagt: Schau mal, in was für einer schönen Stadt wir wohnen.“