Von Frank Ellmers
Die Stadt Görlitz läuft Gefahr, aus einem Streit um ein verschobenes Grundstück in Kunnerwitz am Ende mit fast leeren Taschen dazustehen. So jedenfalls sieht es nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Dresden (OLG) aus. In dem Verfahren klagte die Stadtverwaltung gegen Elke Hübner, Tochter des Ex-Bürgermeisters von Kunnerwitz. Die Kommune wollte von Hübner rund 440000Euro – notfalls auch im Wege der Zwangsvollstreckung – eintreiben.
Stadtrat muss zustimmen
Der 6. OLG-Zivilsenat unter Vorsitz von Claus Wagner sah das allerdings anders. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass die Immobilien nicht den Wert von 440 000 Euro haben. Es geht zum einen um ein Grundstück an der Weinhübler Straße in Kunnerwitz, wo die Gaststätte „Zur Windmühle“ steht. Außerdem hält Hübner noch Anteile an einem weiteren Grundstück.
Wagner schlug beiden Parteien einen Vergleich vor. Danach soll Hübner für die Grundstücke an die Stadt Görlitz nur 60 000 Euro bezahlen. Damit wären alle Ansprüche der Kommune gegen sie erledigt. Beide Seiten haben jetzt Zeit, dem OLG-Vorschlag zuzustimmen. In Görlitz müsste in jedem Fall der Stadtrat den Vergleich absegnen. Kommt der Vergleich nicht zustande, sollen Gutachter ran, um den Wert der Immobilien zu ermitteln.
Ausgangspunkt des juristischen Vorstoßes aus Görlitz ist die Tatsache, dass Ex-Bürgermeister Erhard Hübner zunächst die sanierte Gaststätte „Zur Windmühle“ weit unter Wert von seiner Gemeinde kaufte. Der Schaden betrug rund 350 000 Euro. Bevor Hübner selbst im Rahmen einer Schadensersatzklage zur Rückzahlung dieses Betrages verurteilt wurde, verschenkte er die Immobilie an seine Tochter.
Die Stadt Görlitz hatte ihre Klage damit begründet, dass die Tochter mitgeholfen haben soll, Vermögen ihres Vaters zu verschleiern. Man hielt sich deshalb an sie. Neben den besagten 350 000 Euro ging es noch um weitere 95000 Euro. Görlitz war für den Fall zuständig, nachdem Kunnerwitz eingemeindet wurde. Hübner hatte die Forderung der Stadt mit der Begründung abgelehnt, dass ihr die geschäftlichen Hintergründe ihres Vaters nicht bekannt waren. Zumindest das nahmen ihr die OLG-Richter nicht ab. „Eine Nichtkenntnis erscheint mir lebensfremd“, sagte Wagner.
Steuergelder nicht anerkannt
Auf der anderen Seite hatte die Stadt Görlitz noch versucht, mit Steuergeldern zu argumentieren, um ihre Forderung nach 440 000 Euro zu untermauern. Schließlich war die Gaststätte „Zur Windmühle“ vor dem Verkauf an den Ex-Bürgermeister von der Gemeinde Kunnerwitz noch für viel Geld saniert worden. Das wiederum ließ das Gericht nicht gelten. Es gehe hier nicht um Steuergelder, sondern um den Wert der Immobilien, urteilten die Richter.