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Ansturm: Altstadtwirte müssen Gäste wegschicken

Manche Görlitzer Kneipen und Restaurants holen den Corona-Rückstand auf - auch dank unbürokratischer Hilfe der Stadt. Doch wie geht es im Herbst weiter?

Von Ingo Kramer
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Schon am Mittag viel zu tun: Kellner-Azubi Dennis Nathe bedient im Restaurant Casa Nova auf dem Görlitzer Untermarkt Lorenza Schultheis und Tim Bisold aus Dresden, die eine Woche Urlaub im Hotel "Insel der Sinne" am Berzdorfer See machen.
Schon am Mittag viel zu tun: Kellner-Azubi Dennis Nathe bedient im Restaurant Casa Nova auf dem Görlitzer Untermarkt Lorenza Schultheis und Tim Bisold aus Dresden, die eine Woche Urlaub im Hotel "Insel der Sinne" am Berzdorfer See machen. © André Schulze

Gastronomie in Corona-Zeiten? Dennis Nathe lacht. „Bei uns ist es manchmal so voll, dass die Leute auf der anderen Straßenseite auf den Treppenstufen sitzen und fragen, ob wir sie auch dort bedienen können.“ Einen Liter Wein hat der Kellner-Azubi vom Restaurant Casa Nova am Görlitzer Untermarkt schon auf die andere Straßenseite gebracht, aber auch ganze Pizzabestellungen samt Besteck und Servietten.

Und das, obwohl das italienische Restaurant seine Außengastronomie in diesem Jahr bereits von 60 auf 78 Sitzplätze erweitert habe, ergänzt Casa-Nova-Inhaberin Anita Strittmatter. Bisweilen sei es schon vorgekommen, dass sich Gäste um einen frei werdenden Tisch gestritten hätten. Dem beugt sie nun vor, indem sie runde rote Kissen auf den Rand des Neptun-Brunnens legt. Wer dort sitzt, wird bedient und bekommt den ersten frei werdenden Tisch.

Einige Lokale holen Verlust auf

Nachdem das Casa Nova wie alle Restaurants von Mitte März bis zum Mai extrem unter der Corona-Schließzeit gelitten hatte, läuft es nun umso besser, sowohl mittags als auch abends. „Aber den Verlust vom Frühling können wir nicht aufholen, das ist unmöglich“, sagt Anita Strittmatter.

Diana Klaus-Metzner von der Bierblume in der Neißstraße sieht das anders: „Wir haben den Verlust aufgeholt“, sagt sie. Sie spricht von einem immensen Boom. Sowohl Görlitzer als auch Touristen kommen in die Bierblume: „Die Leute gehen intensiver weg, sie wissen die Bedeutung des Weggehens wieder mehr zu schätzen.“ Für sie scheint es, als wollten die Menschen sogar das eine oder andere Ereignis vorfeiern.

Wirtin muss Leute wegschicken

Schräg gegenüber ist Stephanie Nixdorf vom Barbecue ähnlich guter Dinge. Ihr Lokal hat das Minus vom Frühling zwar noch nicht wieder rein. „Aber wenn es so weitergeht, dann werden wir es aufholen“, sagt sie. Vor allem abends sei das Barbecue voll: „Wir müssen sogar unter der Woche Leute wegschicken, weil wir keinen Platz haben.“ Das liege einerseits daran, dass die Stadt voll sei mit Touristen, andererseits würden aber auch die Görlitzer kommen: „Bei uns läuft es besser als voriges Jahr.“

Diesen Vergleich kann Bas Dankers noch nicht ziehen. Sein Restaurant „Horschel“ im Hotel Emmerich am Untermarkt ist erst seit diesem Jahr geöffnet. Er hat die Schließzeit im Frühling genutzt, um drinnen alles fertigzustellen. Jetzt läuft es gut an, sagt er: „Wenn am Wochenende schönes Wetter ist, ist die ganze Terrasse vorreserviert.“ Sowohl Görlitzer als auch Touristen haben das „Horschel“ für sich entdeckt. Aber es sei auch noch Luft nach oben.

Nicht überall brummt es

Doch nicht überall brummt es so wie am Untermarkt und in der Neißstraße. Da, wo weniger Touristen vorbeikommen, haben die Wirte weniger zu tun. „Bei uns läuft es noch nicht so gut wie voriges Jahr“, sagt zum Beispiel Kamil Tomaszewski vom Sushi Yama in der Weberstraße. Manche Stammgäste würden ihr Essen lieber abholen: „Ich denke, die Leute haben noch Angst“, sagt er. Am Wochenende rät auch er dazu, für abends vorzubestellen. Unter der Woche sei das aber nicht nötig.

Geschlossen hingegen ist das Bürgerstübl in der Neißstraße. Im Schaufenster hängt ein Zettel, wonach „ leider heute aus organisatorischen Gründen“ nicht geöffnet werden könne. „Der Zettel hängt seit sehr vielen Wochen dort“, schreibt Andreas Marschner auf Facebook. Bürgerstübl-Inhaber Bernd Schade war am Montag telefonisch nicht zu erreichen. Auf der Internet- und der Facebook-Seite des Lokals findet sich kein Hinweis auf eine Schließung.

Keine Angst vor dem Herbst

Doch ist den anderen Gastronomen vor dem Herbst bange, wenn es draußen kälter wird und viele Gäste aufgrund ihrer Corona-Angst möglicherweise nicht drinnen sitzen wollen? „Nein“, sagt Stephanie Nixdorf: „Es sind wirklich nur Einzelne, die Angst haben, drinnen zu sitzen.“ Für draußen hat das Barbecue Heizpilze. Darüber, ob sie dieses Jahr noch weitere anschafft, hat Stephanie Nixdorf noch nicht nachgedacht. Auch Kamil Tomaszewski hat das noch nicht getan. „Aber ich habe draußen ohnehin nur acht Sitzplätze“, sagt er.

Das Casa Nova besitzt bisher vier Heizpilze. „Ich will zusätzliche kaufen, um die gesamte Terrasse beheizen zu können“, sagt Anita Strittmatter. Zusätzlich hält sie warme Decken parat. Doch auch sie glaubt, dass nicht viele Leute Angst haben, drinnen zu sitzen: „In Großstädten ist das tatsächlich so, aber in Görlitz ist es viel entspannter“, hat sie festgestellt.

Hütte in der Neißstraße geplant

Bas Dankers und auch Diana Klaus-Metzner dagegen sind aus Umweltgründen keine Freunde von Heizpilzen. Beide besitzen bisher keine – haben aber noch nicht endgültig entschieden, ob das so bleiben soll. Zumindest Diana Klaus-Metzner hat schon andere Ideen für die kühlere Jahreszeit. Einerseits kann sie sich einen Feuerkorb gut vorstellen, andererseits will sie ab Oktober eine Hütte in der Neißstraße aufstellen, wo Bier, Heißgetränke, Bockwurst und Süßes verkauft werden. Sitzplätze sind um die Hütte herum aber nicht geplant.

Zusätzliche gute Nachrichten kommen aus der Stadtverwaltung: Die Regelung, wonach den Gastronomen die Gebühren für die Nutzung der Außenflächen bis 31. August erlassen werden, wird bis einschließlich 4. Oktober verlängert, sagt Rathaussprecherin Sylvia Otto. Neue Anträge müssen nicht gestellt werden.

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