Von Heinz Morche
Die Volkshochschule Zittau eröffnet am morgigen Donnerstag ihre diesjährige Vortragsreihe für Literaturfreunde. Der bekannte Zittauer Schriftsteller und Romantikforscher Klaus Günzel spricht 19.30 Uhr im Salzhaus zum Thema „Friederike Brion – ein Mädchen, das wie ich empfindet“.
Hauptperson des Vortrages ist Friederike Brion, „ein schönes, junges Mädchen aus dem Elsass“, dessen Geburtstag sich am 19. April dieses Jahres zum 250. Male jährte. Leider gibt es von ihr keine authentischen Porträts, nur wenig bekannte oder frei stilisierte Bildnisse, dafür um so mehr Mythen und Legenden. Franz Lehar nutzte ihre Geschichte 1928 sogar für seine Operette „Friederike“.
Begegnung im elsässischen Sessenheim
An einem Oktobertag des Jahres 1770 traf die 18-jährige Pfarrerstochter Friederike in ihrem Heimatort Sessenheim/Unterelsass erstmals mit dem drei Jahre älteren Jura-Studenten Johann Wolfgang von Goethe zusammen. Ihr Vater war zu diesem Zeitpunkt gerade mit den Plänen für den Bau eines neuen Pfarrhauses beschäftigt. In dem weltoffenen und unbekümmerten Studiosus aus Straßburg fand er einen willkommenen Förderer seines Vorhabens, wodurch sich Goethe auch schnell das Vertrauen der fünfköpfigen Familie Brion erwarb.Begeistert schrieb der Poet in seiner Autobiografie „Dichtung und Wahrheit“ über seine erste Begegnung mit dem schönen Mädchen: „Schlank und leicht, als wenn sie nichts zu tragen hätte, schritt sie und beinahe schien für die gewaltigen blonden Zöpfe des niedlichen Köpfchens der Hals zu zart… So hatte ich das Vergnügen, sie beim ersten Blick auf einmal in ihrer ganzen Anmut und Lieblichkeit zu sehn und zu erkennen.“
Gedichte an die „liebe neue Freundin“
Gerademal zehn Monate währte dieses ländliche Idyll um Pfarrhaus und Familie Brion, das Goethe als „heiter-friedvollen Zauber“ immer in guter Erinnerung behielt und sein weiteres Schaffen nachhaltig bereicherte. Entstanden sind in dieser Zeit etwa 30 Briefe von Goethe an seine „liebe neue Freundin“, eine Reihe von Gedichten, „die zu den schönsten der deutschen Sprache zählen“; auch das bekannte Kunstvolkslied „Sah ein Knab ein Röslein stehn…“ Letztlich aber zerbrach das zarte Band der Liebe an den unterschiedlichen, scheinbar unüberwindlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, denen die beiden jungen Menschen angehörten.Den Abschied von Friederike beschreibt Goethe mit den bekannten Worten: „Ich ging, du standst und sahst zur Erden/Und sahst mir nach mit nassem Blick.“
In einem „Geständnis“ räumte er ein „hier war ich zum ersten Mal schuldig; ich hatte das schönste Herz in seinem Tiefsten verwundet…“, seine wahren Gewissenskonflikte aber sollten erst in späteren Werken wie „Götz von Berlichingen“, „Clavigo“ oder in der Gretchen-Tragödie seines „Faust“ ihren Niederschlag finden.Friederike aber verlief in die „Melancholie einer unglücklichen Frau, die den Ersten und Einzigen nicht vergessen kann“.
Ihr weiteres Leben war von vielerlei Gerüchten, auch „Klatsch“ begleitet. Als Person von öffentlichem Interesse ist sie letztlich zur Legende geworden. Nach dem Tod ihrer Eltern verdiente sich die unverheiratet gebliebene Friederike ihren Lebensunterhalt als Wirtschafterin und Gehilfin in Pfarrhäusern. Aber auch ein kleiner Handel mit „Töpfer- und Webwaren“ kam ihrer oft gerühmten Mildtätigkeit zugute. Sie starb am 3. April 1813 im Badischen Meißenheim bei Lahr.
Ihren Grabstein versah Ludwig Eckardt aus Wien im Jahre 1866 mit der Inschrift „Ein Strahl der Dichtersonne fiel auf sie/So reich, dass er Unsterblichkeit ihr lieh“.Der Vortrag verspricht ein nachhaltiges Erlebnis für alle Literaturfreunde zu werden. Denn Klaus Günzel, selbst ein großer Meister des Wortes und der Rhetorik, versteht es immer wieder, seine Vorträge mit viel Witz, Charme und amüsanten Anekdoten zu bereichern. Zudem findet die Veranstaltung erstmals in dem historischen Ambiente des in alter Schönheit wiedererstandenen Salzhauses statt.
Der Vortrag findet im Veranstaltungsraum der Christian-Weise-Bibliothek Zittau, Neustadt 47 (Marstall), 3. Obergeschoss, statt. Es wird gebeten, den Zugang über den Fahrstuhl (Südseite) zu benutzen.