Gohrischer kritisieren Tourismus-Marketing

Die Unwissenheit im Gemeinderat Gohrisch ist groß. Auch darüber, was der Tourismusverband Sächsische Schweiz mit den 28.000 Euro Mitgliedsbeitrag macht, den die Gemeinde jedes Jahr bezahlt. Deshalb haben vier Gemeinderäte kurzerhand die Kündigung des Vertrags mit dem Tourismusverband Sächsische Schweiz beantragt und damit den Austritt der Gemeinde. Hört sich erst mal komisch an, weil die Bitte um Information vielleicht ausgereicht hätte, passt aber in die völlig chaotische Gemeinderatssitzung, wie sie am Dienstagabend in aller Öffentlichkeit im Gemeindesaal Gohrisch stattfand.
Statt über den Antrag abstimmen zu lassen, hat Mitantragsteller Uwe Börner aber erst mal darüber abstimmen lassen, dass doch vorerst nur geredet werden soll. Schließlich wisse man ja gar nicht, was Gohrisch von der Mitgliedschaft hat, die beendet werden soll.
Als der Tagesordnungspunkt dann dran war, rief Bürgermeister Heiko Eggert als Sitzungsleiter allerdings nicht die Antragsteller auf, diesen einzubringen, sondern erteilte Tino Richter das Wort. Der Geschäftsführer des Tourismusverbands war zwar von der ungewöhnlichen Arbeitsweise sichtlich überrascht, tat aber, was vermutlich von ihm erwartet wurde, den Verband noch mal vorzustellen.
In etwa 20 Minuten erklärte er, warum sich die Kommunen einst in dem Verband zusammengeschlossen haben, was die Vorteile von einer gemeinsamen Vermarktung der Region sind und dass der Verband nicht nur von Mitgliedsbeiträgen der Kommunen und sonstigen Mitgliedern lebt, sondern auch jede Menge Fördermittel einwirbt. So erhielten Gohrisch und alle anderen Kommunen für jeden eingezahlten Euro Leistungen im Wert von rund 3,40 Euro.
Während Richter dafür unterstützenden Beifall von den gut besetzten Zuschauerplätzen erhielt, gab es von den Kritikern, allen voran Maik Franke, Entgegnungen wie "oberflächlich", "zu pauschal", "nicht konkret genug". Die Powerpoint-Präsentation reiche keinesfalls aus. "Wir brauchen es von Ihnen noch mal schriftlich, wie Gohrisch im Vergleich zu anderen Kommunen vom Tourismusverband profitiert", sagte Gemeinderat Gerd Klaus Kreitz. "Für die 28.000 Euro, die die Gemeinde jährlich einzahlt, können wir doch wenigstens erwarten, dass jeder Bäcker und jedes Gasthaus aus Gohrisch auf der Homepage auftauchen", sagte Franke.
Tino Richter sagte zu, noch mehr Zahlen zu liefern, wenn gewünscht. Jedes Mitglied wie Gohrisch könne sich im Übrigen jederzeit in den Verband einbringen und jederzeit Auskünfte bekommen. Auf Zuschauer-Nachfrage, wer sich denn aus der Gemeinde an der Arbeit des Verbands beteiligt, konnte kein Gohrischer genannt werden. Bis auf den Wirt auf dem Papststein, der sich einen extra Werbeplatz auf der Homepage gekauft hat.
Ein anderer Zuschauer hat dann den Antrag zur Geschäftsordnung gestellt, dass jeder Redner und jede Rednerin wenigstens mal seinen Namen sagt. Den Antrag hat sich der Bürgermeister höflich angehört. Darüber abstimmen ließ er dann aber doch nicht.
Die anwesenden Mitarbeiterinnen aus der Gohrischer Tourist-Information zeigten sich sehr dankbar über die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband. Mehrmals im Jahr organisiert der Verband Erfahrungsaustausch und Weiterbildung. Gemeinderätin Claudia Lord erläuterte weitere Vorzüge der Mitgliedschaft, was die Meldescheine betrifft, und heimste dafür ebenfalls Beifall des Gohrischer Publikums ein.
Thomas Kunack, Bad Schandaus Bürgermeister und stellvertretender Vorsitzender des Verbands, appellierte an die Antragsteller, den Erfolg der Tourismus-Region Sächsische Schweiz trotz neuer Rekordzahlen bei Übernachtungen nicht zu gefährden und den Anteil des Verbands an dem Wachstum anzuerkennen. "Im Konkurrenzkampf gegen andere Mittelgebirge, die auch um jeden Gast ringen, können wir nur bestehen, wenn wir uns hier gemeinsam stark machen", sagte er.
Für die Zuhörer dieser denkwürdigen Sitzung bleibt allerdings unklar, wie Richter in Euro nachweisen will, wie viel Geld beispielsweise aus der Werbekampagne auf Berliner Bahnhöfen im Vergleich zu anderen Kommunen nach Gohrisch zurückgeflossen ist. Dramatisch wäre für die Gemeinde, wenn unerfüllbare Forderungen zu zerstörerischen Konsequenzen führen würden. Aber die Antragsteller wollten ja erst mal nur reden.