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„Goldene Brücken sind nicht in Sicht“

Andrea Urban vom Schulverein in Seifhennersdorf erzählt vom Ringen um eine freie Oberschule und Hindernissen dabei.

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Von Frank Seibel

Der Kampf um eine freie Oberschule in Seifhennersdorf geht in die entscheidende Phase. Gestern hat der Trägerverein weitere Unterlagen eingereicht. Vorstandsmitglied Andrea Urban äußert sich zum Konzept und zu den Schwierigkeiten bei der Genehmigung.

Frau Urban, gestern war der Stichtag für Ihre Bewerbung um die Gründung einer freien Oberschule in Seifhennersdorf. Haben Sie alle Unterlagen eingereicht?

Gestern war ein Termin, aber uns wurden mittlerweile so viele neue Fristen gesetzt, dass ich das eher als eine weitere wichtige Etappe betrachte.

Ihr Konzept für die Freie Obere Schule ist aber fertig?

Das pädagogische Konzept ist schon lange fertig und liegt der Bildungsagentur vor.

Schlüsselthema ist die berufsbezogene Bildung – ist das richtig?

Das ist einer von zwei besonderen Schwerpunkten, mit denen sich unsere Schule von anderen unterscheiden soll.

Wie stellen Sie sich diesen Schwerpunkt in der Praxis vor?

Das Wichtigste ist, dass die Schule eine enge Zusammenarbeit mit Unternehmen in der Region organisiert. Schon im ersten Jahr stellen sich Firmen mit ihren Berufen in der Schule vor. Damit bekommen die Kinder eine erste Orientierung, was für sie in Zukunft interessant werden könnte und wofür es sich lohnt, zu lernen. Später wird es dann Praktika geben, die einen Einstieg ins Berufsleben erleichtern sollen.

Haben Sie dafür schon ausreichend Unternehmen als Partner gewonnen?

Das Interesse der Unternehmer ist groß, denn für sie wird es immer wichtiger und auch schwieriger, ausreichend gute Mitarbeiter zu bekommen. Da ist es eine gute Chance, frühzeitig Schüler für den einen oder anderen Beruf zu interessieren.

Was ist der zweite inhaltliche Schwerpunkt Ihres Schulkonzeptes?

Das ist die Zusammenarbeit mit unserem Nachbarland Tschechien. Hierbei geht es nicht nur darum, die Sprache zu lernen, sondern auch um einen kulturellen Austausch. Unsere Schüler sollen möglichst viel über unsere Nachbarn und das Leben in Tschechien lernen.

Und deshalb arbeiten Sie überwiegend mit tschechischen Lehrern?

Wir wollen mit einigen tschechischen Lehrern arbeiten, aber sie werden nicht in der Mehrheit sein.

Wie ist das Zahlenverhältnis?

Wir haben derzeit mündliche Zusagen von sechs deutschen und vier tschechischen Lehrern.

Werden die tschechischen Lehrer von der deutschen Bildungsagentur akzeptiert?

Das ist jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Nach EU-Recht gilt im Dreiländereck freie Berufs- und Wohnortwahl. Aber in der Tat ist der formale Aufwand hierbei etwas größer.

Inwiefern?

Wir brauchen spezielle Führungszeugnisse, und die Diplome der Lehrer müssen von einem Fachdolmetscher übersetzt werden, damit die Bildungsagentur sie einschätzen kann.

Gibt es schon Signale der Schulbehörden, ob Ihr Konzept akzeptiert wird?

Bislang haben wir immer Post bekommen, wenn etwas fehlte oder nicht gut genug war. Hierzu haben wir noch nichts gehört. Das werte ich als ein gutes Zeichen.

Wie wollen Sie die Startphase der Schule finanzieren? Immerhin müssen Sie vier Jahre lang die Gehälter oder Honorare für die Lehrer selbst zahlen. Die von der Staatsregierung angekündigten finanziellen Verbesserungen sollen für Sie noch nicht gelten.

So sieht es aus. Wir sollen während der kompletten Startphase nach dem bisherigen Schulgesetz behandelt werden, obwohl absehbar ist, dass es bald neue Regeln geben wird. Das finde ich merkwürdig.

Aus Dresden klang es eine Zeit lang so, dass man Ihr Anliegen wohlwollend begleiten will, nachdem Sie die Rolle als „Schulrebellen“ aufgegeben haben und nun selbst eine Lösung erarbeiten wollen.

Die Türen sind vielleicht ein kleines bisschen geöffnet worden. Aber goldene Brücken, von denen immer mal die Rede war, sind nicht in Sicht. So wurde uns ein Ansprechpartner genannt, an den wir uns immer wenden dürften – der aber für uns sehr schwer zu erreichen ist. Oder wir reichen polizeiliche Führungszeugnisse für den Vorstand des Trägervereins ein, bekommen dann aber erst gesagt, dass es spezielle Führungszeugnisse „zur Vorlage bei einer Behörde“ sein müssen. Man macht es uns wirklich nicht besonders leicht.

Was waren die offenen Punkte, die Sie bis gestern nachbessern mussten?

Es ging vor allem um Miet- und Nutzungsverträge für die Unterrichtsräume und für die Sporthalle. Die Halle der bisherigen Schule können wir auf Dauer nicht nutzen, dafür wollen wir in die Sporthalle des Gymnasiums ausweichen.

Noch einmal zum Geld: Wie wollen Sie Ihre Schule finanzieren? Mit Schulgeld allein wird es nicht gehen.

Nein, mit dem Schulgeld können wir nur einen kleinen Teil der Kosten abfangen.

Wie viel müssen Familien bezahlen?

60 Euro pro Monat für das erste Kind, 50 für das zweite.

Sie werden einen größeren Kredit brauchen. Klappt das?

Wir haben einen Kredit bei der GLS-Bank beantragt, die viele freie Schulen und Kindergärten finanziert. Wir haben eine Reihe von Privatbürgschaften gesammelt, und ich hoffe, dass wir in der nächsten Woche eine Zusage bekommen.

Als die „offizielle“ Oberschule Seifhennersdorf kürzlich Anmeldungen für eine neue fünfte Klasse entgegengenommen hat, war die Resonanz sehr gering. Nur sechs Familien meldeten ihre Kinder an. Heißt das, dass die Seifhennersdorfer die Oberschule abgeschrieben haben?

Uns hat dieses Ergebnis weder überrascht noch enttäuscht. Es ist doch klar, dass Eltern erst einmal Sicherheit suchen. Da die Schulbehörden keine neue fünfte Klasse an einer staatlichen Oberschule in Seifhennersdorf wollen, haben die meisten Eltern ihre Kinder in umliegenden Schulen angemeldet. Das ist für unseren Zweck auch gar nicht schlecht, denn andernfalls wäre das wieder als eine große Protestaktion gegen die offizielle Schulpolitik gewertet worden. Wir sind aber sicher, dass viele Eltern noch rechtzeitig zu uns wechseln, wenn wir den Start unserer freien Oberschule sicherstellen können.

Die Zeit dafür wird knapp. Bis wann muss alles klar sein?

April wird sicherlich zu knapp. Aber der Mai wäre ein guter Monat dafür. Wir könnten uns gut auf das neue Schuljahr vorbereiten und auf uns aufmerksam machen.