Goldener Löwe schon wieder vor dem Aus?

Wenn am Freitag die Gaststätten in Freital wieder öffnen können, bleiben in einem Wirtshaus das Licht aus und der Herd kalt. Der Pächter vom Goldenen Löwen steckt offenbar in Schwierigkeiten. Für seine Mitarbeiter ist er ebenso wenig erreichbar wie für die SZ.
"Es war absehbar", sagt eine, die im Goldenen Löwen gearbeitet hat. Schon im Herbst seien den Beschäftigten, einige davon Pauschalkräfte, Zweifel gekommen, ob das im Goldenen Löwen noch lange gutgehe. "Wir mussten immer öfter unserem Geld hinterherrennen, die Lohnzahlungen kamen unregelmäßig." Einmal habe der Chef sogar in die Trinkgeldkasse gegriffen, um den Einkauf bezahlen zu können. Ihren Namen möchte die Beschäftigte nicht auf Sächsische.de lesen.
Dabei hatte alles im vergangenen Frühjahr so hoffnungsvoll von vorn begonnen. Damals übernahm Kevin Schiemanz das Lokal. Zuvor hatte er bereits im Löwen gekellnert, noch unter der alten Betreiberin. Sie musste das Restaurant aus gesundheitlichen Gründen und wegen Personalmangels nach siebeneinhalb arbeitsintensiven Jahren im Winter 2018 aufgeben.
Schiemanz wollte alles besser machen. Und er war nicht allein. Sein Bruder und sein Vater stiegen mit ins Geschäft ein. Sie renovierten den Gastraum und gestalteten den Biergarten um. Der Sächsischen Zeitung sagten sie damals, sie wollen eine bodenständige Küche anbieten. Gekocht werde alles frisch. Im Internet warben sie auf Facebook mit hausgemachtem Sauerbraten und Klößen sowie Lachs mit Honig-Senf-Kruste auf Bandnudeln. Der Biergarten wiederum sollte kein verlängertes Restaurant sein. Stattdessen wollte man dort mit anderer Karte und kleineren Preisen Gäste anlocken.

Das gelang zunächst. Als der Löwe im Frühsommer wieder an den Start ging, war die Resonanz durchweg positiv. Das zumindest sagte Wirt Schiemanz damals auf Nachfrage. Doch schon bald müssen ihm die Geschäfte über den Kopf gewachsen sein. Das Personal, darunter in der Gastronomie erfahrene Männer und Frauen, hätten sich zunächst noch gewundert. "Der Chef kam nur selten, sein Bruder noch seltener ins Restaurant. Vor allem der Senior war noch am häufigsten da und half mit", erzählt jemand. Doch innerhalb der Familie sei es zu Meinungsverschiedenheiten und Spannungen gekommen. "Es gab kein Konzept und keinen Plan. Wir haben uns selbst organisiert", berichtet die Löwen-Mitarbeiterin.
Ein Koch warf mitten im Sommer und nach nur zwei Monaten das Handtuch. Die anderen Angestellten und Pauschalkräfte hielten jedoch zum Löwen. "Aus Herzblut. Ich hing wirklich an dem Restaurant." Und die Bestellbücher waren auch gut gefüllt. Vor allem an den Wochenenden sowie in den Monaten Oktober, November und Dezember habe man gut zu tun gehabt. So gut, dass manche Mitarbeiter ihren Urlaub vor sich herschoben und massenhaft Überstunden leisteten. Die können sie jetzt wohl abschreiben.
Denn Vater und Brüder Schiemanz sind von der Bildfläche verschwunden, nachdem sie noch im Februar in der Fernsehsendung "Mein Lokal - Dein Lokal" bei Kabel 1 aufgetreten waren. Die Mitarbeiterin, mit der die SZ sprach, redet von einem Insolvenzantrag, der angeblich Anfang März gestellt worden sei. Dafür gibt es aber vom Amtsgericht Dresden weder eine Bestätigung noch ein Dementi. Es heißt lediglich, man sollte in den nächsten Wochen in den entsprechenden Veröffentlichungen schauen.
Seit Ende März ist das Lokal wegen Corona geschlossen. Ihr Geld für die ersten Märzwochen haben die Mitarbeiter bis heute nicht erhalten, beteuern sie. Kevin Schiemanz ist für sie nicht erreichbar. Der Briefkasten, in den einige Mitarbeiter ihre Gehaltsmahnungen steckten, quoll zeitweise über. Offiziell angestellt sind einige Service- und Küchenkräfte noch bis Ende Mai. Die Beschäftigten hoffen auf Insolvenzausfallgeld und stehen dazu nach eigenen Angaben mit dem Amtsgericht Dresden in Kontakt.
Ein Problem hat nun auch der Vermieter. Der hat inzwischen die Schlösser wechseln lassen - wegen ausstehender Mietzahlung für mehrere Monate. Schaut man durch die Fenster in den Gastraum hinein, sieht man hochgestellte Stühle. Auf der Theke steht eine leere Bierflasche neben einem ungespülten Glas. Wirt Schiemanz, so erzählen seine Angestellten, habe zeitweise im Restaurant gewohnt und in einem Nebenraum geschlafen. Wo er jetzt ist, wissen sie nicht. Jemand, der bis zuletzt im Löwen gearbeitet hat, sagt: "Das interessiert mich auch nicht mehr. Ich bin vor allem menschlich sehr enttäuscht und sehe jetzt zu, wenigstens noch an mein Geld zu kommen."
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