Von Jenny Thümmler
Die Verwalter vom Kaltenbachhaus auf dem Otto-Buchwitz-Platz waren schnell. Nur ein paar Tage war das große Graffito am Schaufenster zu sehen. Doch an vielen anderen Stellen leuchten Schmierereien noch immer. Entsprechend erbost sind betroffene Hauseigentümer und Mieter. „Es stört mich ganz gewaltig, dass neben meinem Laden solcher Unfug auftaucht“, schimpft Andrea Michel, Inhaberin der Blumengalerie auf der Steinstraße. Der Hauseingang neben ihrem Laden ist seit Jahren nicht nur Pinkelecke, sondern auch vollgeschmiert. Erst neulich war das Schaufenster beschmiert. Nach der Anzeige bei der Polizei musste Familie Michel den Schaden auf eigene Kosten entfernen.



Die Polizei kennt das Problem. Seit dem 1. April sind sechs Anzeigen wegen Sachbeschädigung durch Graffiti eingegangen, teilt Sprecherin Susanne Heise mit. Aus der Innenstadt, Rauschwalde und Königshufen. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum fünf Anzeigen. Bei den aktuellen Fällen gibt es noch keine Tatverdächtigen, zu den fünf Taten aus dem Vorjahr konnten zwei ermittelt werden, so die Polizei weiter. Man müsse die aktuellen Ermittlungen abwarten, um zu bewerten, ob der Kampf gegen illegale Graffiti erfolgreich ist.
Aus Kreisen der Jugend ist zu hören, dass die Szene der illegalen Sprüher kleiner geworden sei. Auch Görlitzer, die täglich mit der Pflege von Gebäuden zu tun haben, sehen hier keine Graffiti-Hochburg. Björn Ruhland, Inhaber des Hausmeisterdienstes Immobil, erkennt keine Zunahme der Schmierereien in den vergangenen Monaten. „Die Welle vor einiger Zeit, als der Goa-Schriftzug überall auftauchte, ist zum Glück abgeebbt.“ Viel ärgerlicher ist für ihn das Gekritzel in vielen Hausfluren. Wie im Vorbeigehen wird da eine Art Unterschrift an die Wand gemalt und damit das ganze Treppenhaus verunstaltet.
Auf Glas wie Schaufensterscheiben lassen sich Graffiti noch relativ leicht entfernen. Schwieriger ist es bei Putz. Ein Görlitzer Gebäudereiniger sagt, dass man als Hauseigentümer dann ein richtiges Problem hat. Entfernen gehe nicht, schon gar nicht bei saugfähigem Untergrund wie Putz oder Mauerstein. Und einfaches Übermalen helfe meist nicht, weil das Graffito durchscheint. Entsprechend groß ist der Ärger bei Hauseigentümern, sagt Walter Pfitzner, Geschäftsführer von Haus und Grund. „Das Haus macht sofort einen heruntergekommenen Eindruck. Die Vermietung wird schwieriger.“ Also greifen viele Eigentümer in den Geldbeutel und lassen das Graffito entfernen. Bislang seien es nur Einzelfälle, die vor der ständigen Schmiererei kapitulieren – aus Kostengründen oder wenn das Haus ohnehin leer steht.
Die Stadtverwaltung hat wenig Handhabe, für die Beseitigung von Graffiti zu sorgen. Laut Sprecherin Sylvia Otto kann der Eigentümer nur bei Schmierereien mit verfassungsfeindlichem Hintergrund zur Entfernung verpflichtet werden. Im Einzelfall, zum Beispiel bei aufgemalten Hakenkreuzen, springt der Städtische Betriebshof ein und entfernt sie umgehend. Doch bei normalen Graffiti weist die Stadtverwaltung den Eigentümer lediglich darauf hin – verbunden mit der Bitte, es im Sinne eines ordentlichen Stadtbilds zu entfernen. Der Idealfall, dass der Verursacher für die Ordnungswidrigkeit oder Sachbeschädigung herangezogen wird und selbst für die Beseitigung aufkommt, findet nur selten statt.
Ein neuer Trend, der sich zur Erleichterung aller Seiten durchsetzen könnte, ist das sogenannte Cello-Graffiti. Dabei wird zwischen zwei Pfosten oder Bäumen eine große Zellophanfolie gespannt und mit einem Graffiti besprüht. Eine Zeit lang bringen diese Werke Farbe in die Stadt, ohne Gebäudeeigentümer zu verärgern. Schon mehrmals waren solche Arbeiten auf dem Marienplatz zu sehen. Einer, der bei einer solchen Aktion dabei war, berichtet von sehr positiven Reaktionen der Passanten. „Viele haben eine Weile zugeschaut. Ich finde es generell gut, dass legale Graffiti in Görlitz auf positive Resonanz stoßen.“ Er habe schon viele Ältere getroffen, die sich interessiert legale Arbeiten angesehen haben – an zugelassenen Hauswänden oder bei Veranstaltungen wie dem Fokus-Festival. Und da beim Sprayen weniger das fertige Bild als die Entstehung den Spaß bringt, sei es nicht so schlimm, das Ganze wieder zu zerknüllen, wie es beim Cello-Graffiti nun einmal der Fall ist. Auf ein Wort