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Grenznaher Streifendienst geht Hand in Hand

Es ist bewölkt und kühl, kurzum: ein ungemütlicher Vormittag. Die beiden Fahrzeuge der Bundespolizei halten in einer Seitenstraße von Reitzenhain. Nur wenige Minuten dauert es, bis die mobile Kontrollstation aufgebaut und einsatzbereit ist.

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Von Petra Kaden

Es ist bewölkt und kühl, kurzum: ein ungemütlicher Vormittag. Die beiden Fahrzeuge der Bundespolizei halten in einer Seitenstraße von Reitzenhain. Nur wenige Minuten dauert es, bis die mobile Kontrollstation aufgebaut und einsatzbereit ist. Kai-Uwe Mitte und sein tschechischer Kollege Jiri Prokes winken die ersten Fahrzeuge von der Straße.

„Schnäppchen“ werden oft teuer

Ein älterer Mann steigt nach dem Anhalten sofort aus seinem Wagen, wirkt nervös und sorgt bei den Beamten dadurch für erhöhte Aufmerksamkeit: „Normalerweise bleiben die Leute sitzen und warten, bis wir sie ansprechen. Wenn jemand so hektisch reagiert, stellt sich die Frage, ob er etwas zu verbergen hat“, erklärt Polizeikommissar Dirk Lehmann. Wenig später stellt sich heraus: Der Autofahrer hatte seine Papiere im Kofferraum – bei den aus Tschechien mitgebrachten Waren gibt es keine Beanstandungen.

Das sieht bei einem aus Portugal stammenden jungen Mann, den die Beamten wenig später kontrollieren, anders aus: Er hat eine Stange Zigaretten bei sich, die sofort beschlagnahmt wird. „Das ist ganz typisch“, weiß Jiri Prokes, während er die Papiere des Mannes überprüft: „Vietnamesische Händler verkaufen russische Zigaretten in tschechischer Verpackung. Die sind billiger.“ Den Kunden kommt das vermeintliche Schnäppchen teuer zu stehen: Die Zigaretten werden dem Zoll übergeben und vernichtet, der Käufer muss ein Bußgeld wegen „Verstoßes gegen die Abgabenordnung“ zahlen, wie das Delikt offiziell heißt.

Zusammenarbeit seit 2003

„Wir können den Leuten nur raten, lieber ein paar Euro mehr auszugeben. Damit spart man sich Ärger und Kosten“, sagt Kai-Uwe Mitte, der seit vielen Jahren zusammen mit seinem tschechischen Kollegen an der Grenze Dienst tut. Diese gemeinsamen Streifen gehören inzwischen zum grenzpolizeilichen Alltag. Regelmäßig sind Beamte aus beiden Staaten unterwegs, um die Sicherheit in diesem sensiblen Gebiet zu gewährleisten. Dass sie dabei im wahrsten Sinne des Wortes Grenzen überschreiten dürfen, ist im „Deutsch-Tschechischen Polizeivertrag“ geregelt, der im September 2000 unterzeichnet wurde. Das entsprechende Gesetz dazu ist seit dem 9. April 2002 in Kraft, am 7. Juli 2003 gab es den ersten gemeinsamen Streifendienst, an dem auch Jiri Prokes als Angehöriger der tschechischen Fremdenpolizei teilgenommen hat.

Zuvor mussten die Beamten auf beiden Seiten die gesetzlichen Grundlagen studieren und die Sprache des jeweils anderen Landes lernen – Letzteres sei allerdings auf deutscher Seite eher schwierig umzusetzen, gesteht Dirk Lehmann. Er tut als Präventionsbeauftragter bei der Bundespolizei Dienst. Es werde allerdings in der Planung darauf geachtet, dass sich die Kollegen auf Deutsch, Tschechisch oder Englisch verständigen können, so Lehmann.

In Tschechien ist das Lernen von Englisch oder Deutsch als Fremdsprache laut Jiri Prokes Teil der Ausbildung. Seit dem Beitritt der Tschechischen Republik zum Schengen-Vertrag sind die Kontrollen direkt an der Grenze weggefallen.

Die meisten haben Verständnis

Deshalb sei so manchem Bürger nicht klar, dass er dennoch seine Papiere dabei haben muss, wenn er im Nachbarland unterwegs ist: „Die Grenze besteht ja immer noch, nur die Art der Kontrollen ist anders“, erklärt Dirk Lehmann und versteht den Unmut mancher Bewohner grenznaher Orte, die mitunter mehrmals täglich ihren Ausweis zeigen müssen: „Die meisten haben trotzdem Verständnis für unsere Arbeit.“ Obwohl durch die Grenzöffnung ein „Klassiker“, nämlich die unerlaubte Einreise nach Deutschland, praktisch kaum noch eine Rolle spielt, sind andere Delikte nach wie vor aktuell: Es werden Drogen und Waffen geschmuggelt, zu viele oder unverzollte Zigaretten gekauft und Diebesgut wie Buntmetall über die Grenze transportiert. Vor allem in diesem Bereich beobachten die Beamten in letzter Zeit einen Anstieg: „Die Preise auf dem Weltmarkt sind gestiegen, damit wird Buntmetalldiebstahl wieder attraktiv“, sagt Kai-Uwe Mitte.

Da hatte er gerade einem Mann aus Tschechien eine mündliche Verwarnung erteilt, weil der zwar seinen Hund, aber keine entsprechenden Papiere dabei hatte. Nach rund zwei Stunden ist die mobile Kontrolle beendet. Später füllen die Beamten noch das zweisprachige Formular aus, das den Ablauf jedes Einsatzes dokumentiert. Aber das ist nicht ihre Hauptaufgabe: „Unser Arbeitsplatz befindet sich draußen“, sagt Kai-Uwe Mitte und bricht mit seinem tschechischen Kollegen auf, um die nächste Kontrollstelle anzusteuern. (FP)