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Große Pläne für Löbaus alte Nudelfabrik

Einen zweistelligen Millionenbetrag soll die Sanierung kosten. Was dafür gemacht wird, beschreibt ein Grobkonzept der Stadt. Stadträte wundern sich über das Tempo des OBs. 

Von Anja Beutler
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Hier wurden einst Anker-Nudeln hergestellt. Mit der Fabrik hat die Stadt nun große Pläne.
Hier wurden einst Anker-Nudeln hergestellt. Mit der Fabrik hat die Stadt nun große Pläne. © Archivfoto: Markus van Appeldorn

Für 164.000 Euro hat Löbau die alte Anker-Nudelfabrik in der Äußeren Bautzener Straße vergangenen Herbst ersteigert. Nun sollen in den Jahren 2020 bis 2025 mehrere Millionen Euro in das Gebäude und das Gelände fließen. 

Von insgesamt 17 Millionen Euro geschätzter Investitionskosten berichtet Löbaus Oberbürgermeister Dietmar Buchholz (parteilos) jetzt in einem Beitrag bei Oberlausitz TV und auf der städtischen Internetseite. "Allerdings unter der Voraussetzung, dass entsprechende Fördergelder mit einbezogen werden können", ergänzt Stadtsprecher Marcus Scholz auf SZ-Nachfrage.

Das Konzept, das hinter der anvisierten Großinvestition steht, ist offenbar bereits im Entstehen. Erste Vorentwürfe sind erarbeitet, Kosten geschätzt und Ideen gesammelt, bestätigt die Stadt. Schon seit der Versteigerung im Herbst gibt es Gerüchte, dass Löbaus Stadtmuseum und das Archiv hier einmal einziehen sollen. Diese Pläne bestätigte der OB jetzt. Auf den insgesamt 9.200 Quadratmetern Grundstücksfläche ist allerdings noch sehr viel Platz für mehr: Demnach wolle man die Bauhaus-Architektur als großes Thema ausspielen, skizzierte Buchholz. Auch ein großer Parkplatz - sogar für Busse und Wohnmobile - gehört zu den Ideen.

Das Thema Bauhaus auszuspielen liegt doppelt nahe, ist doch die Nudelfabrik weit und breit der einzige Industriebau des Architekten Hans Sharoun, der gleich nebenan für den Fabrikanten Schminke und seine Familie das Wohnhaus errichtet hat - Löbaus architektonischer Stolz. Sharouns Stil und seine Handschrift sind bis heute auch in Details im Inneren der Fabrik zu erkennen und gut erhalten. Vorstellbar sei in diesem Zusammenhang, dass in der Fabrik Tagungsräume und Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste - beispielsweise Architekten - entstehen, verriet Buchholz, der Fabrik und Haus Schminke gemeinschaftlich vermarkten will. Auch auf die Geschichte der Nudelfabrik als solche wolle man verweisen.

Mit dem Beantragen der Fördergelder will die Stadt nach Angaben von Buchholz in diesem Jahr bereits beginnen und voranschreiten. Als erstes sei es aber nötig, das Dach zu sanieren, um das denkmalgeschützte Industriegebäude vor Schäden zu bewahren. Allein dafür sei mit Kosten von rund einer Million Euro zu rechnen. Wenn rechtzeitig Fördergelder bereitstehen, hoffe man in diesem Jahr noch mit den Arbeiten zu beginnen. Die dazu nötigen Unterlagen müssen aber noch erarbeitet und eingereicht werden. Auch Absprachen mit dem Amt für Denkmalpflege und dem Innenministerium des Freistaates werden noch erfolgen, stellte der OB in Aussicht. Sollte es 2019 nicht mehr möglich sein, Fördergelder für das Dach zu erhalten, werde es die Stadt weiter notsichern.

Das frühere Arbeitszimmer von Unternehmer Schminke ist noch eingerichtet. Das Innere steht seit Jahren leer, birgt aber interessante Details.
Das frühere Arbeitszimmer von Unternehmer Schminke ist noch eingerichtet. Das Innere steht seit Jahren leer, birgt aber interessante Details. © Archivfoto: Matthias Weber
Das Treppenhaus lässt in Form und Design den Architekten Hans Sharoun erkennen. Das Haus ist noch in gutem Zustand.
Das Treppenhaus lässt in Form und Design den Architekten Hans Sharoun erkennen. Das Haus ist noch in gutem Zustand. © Archivfoto: Matthias Weber
Große, zum Teil leere Hallen warten auf Ideen. Einige Jahre war der Lehrbauhof in einigen Räumen untergebracht, er musste vor einigen Jahren aber ausziehen.
Große, zum Teil leere Hallen warten auf Ideen. Einige Jahre war der Lehrbauhof in einigen Räumen untergebracht, er musste vor einigen Jahren aber ausziehen. © Archivfoto: Matthias Weber
Zur Immobilie gehört eine große Grundstücksfläche. Der Vorbesitzer hatte die Maschinen der 1992 kaputt gegangenen Nudelfabrik verkauft, war später aber in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Zur Immobilie gehört eine große Grundstücksfläche. Der Vorbesitzer hatte die Maschinen der 1992 kaputt gegangenen Nudelfabrik verkauft, war später aber in finanzielle Schwierigkeiten geraten. © Archivfoto: Matthias Weber

Dass Dietmar Buchholz ausgerechnet jetzt, noch weit bevor das Thema offiziell ein Tagesordnungspunkt im Stadtrat war oder es einen Beschluss dazu gibt, in die Öffentlichkeit getragen hat, begründet er damit, dass die Stadt den Bürgern das Gebäude gern zeigen wollte - gerade jetzt, wo 100 Jahre Bauhaus gefeiert werden. 

Einen Tag der offenen Tür könne es aber derzeit nicht geben, zu groß sei die Unfallgefahr, teilt Sprecher Scholz mit. Daher stamme die Idee mit den bewegten Bildern auf dem Bildschirm. "Für die Öffentlichkeit könnte es allerdings eine Möglichkeit zur Besichtigung geben, wenn die Nudelfabrik beräumt und entkernt ist", betont der Stadtsprecher. Derzeit sind vor dem Gebäude Mitarbeiter einer Arbeitsmaßnahme - umgangssprachlich Ein-Euro-Jobber der Stadt - dabei, den Zaun am Grundstück zu erneuern. Das war zwar bereits geschehen, durch Vandalismus ist diese Arbeit zerstört worden.

Verwundert über den Eifer und die Themensetzung des OB zeigen sich einige Stadträte auf Nachfrage. Bürgerliste-Stadtrat Ingo Seiler wunderte sich, dass nach den Informationen, die der OB nach der Ersteigerung am Rande der Ratssitzungen mitgeteilt hatte, nun plötzlich in dieser Art berichtet wird. Denn konkrete Planungen oder gar Zahlen wie die Investitionssumme von 17 Millionen Euro waren bisher nicht zur Sprache gekommen. 

Bereits bei der Ersteigerung hatte die Bürgerliste das Vorgehen des OB - ohne vorherige Abstimmung mit dem Rat - kritisiert. "Wir sind und waren uns fraktionsübergreifend einig, dass hier nicht einer allein Entscheidungen treffen kann", sagt Seiler.

Auch bei Räten aus anderen Fraktionen ist der Wissensstand zur Materie sehr unterschiedlich: Uwe Wislicenus von der CDU kannte einige Ausführungen des OB zu dem Thema. "Aber es ist noch nichts spruchreif", betont er seinen Stand der Dinge. Wissensvorsprung hat hingegen Heinz Pingel von den Linken: "Weil ich Vorsitzender des Stiftungsrates Haus Schminke bin", erklärt er. Mit der Stiftung arbeitet die Stadt zusammen und hat da auch schon über Ideen und Konzepte gesprochen. Auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung an diesem Donnerstag ist die Nudelfabrik als Thema jedenfalls nicht extra aufgeführt.

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