Die Frau, die sich was traut

Großenhain. Alarm für Cobra 11, der Bozen-Krimi oder Soko Leipzig: Gleich nun, an welchen filmischen Tatort die erst 25-Jährige gerufen würde - sie dürfte ausgezeichnet dort hin passen. Optik, Sprache, Auftreten und nicht zuletzt Fachwissen scheinen zum perfekten Paket geschnürt, welches Jenny Thieme an diesem Donnerstag nicht umsonst zum Großenhainer Versuchsobjekt werden lässt.
Die gebürtige Glaubitzerin, welche seit acht Monaten im Polizeirevier der Röderstadt als Stellvertretende Dienstgruppenführerin tätig ist, traut sich etwas, das es bisher so nur im Bereich der Bereitschaftspolizei und der Polizeidirektion Leipzig gegeben hat. "Jenny wird in gut zehn Minuten in einem Live-Chat bei Instagram Fragen zu ihrem beruflichen Werdegang, ihrer Ausbildung und den täglichen Anforderungen in Großenhain beantworten", erklärt Christian Lehmann.
Der junge Mann gehört zum Social Media Team der Polizeidirektion Dresden. Gemeinsam mit Pressesprecher Thomas Geithner will man in der ländlichen Region ausprobieren, was in größeren Ballungsräumen schon gut funktioniert hat.
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Einblicke geben in den Beruf eines Polizisten, der schließlich weitaus mehr sei, als die personifizierte Staatsgewalt in blauer Uniform. Die Hemmschwelle abzubauen und die Möglichkeit eröffnen, mehr über diesen Job zu erfahren. Bereits am Vortag habe man auf den Live-Chat-Termin mit Jenny aufmerksam gemacht und sei nun gespannt, wie viele Leute der Einladung folgen.
Kurz vor zwölf ist es dann soweit. Jenny Thieme nimmt ihr Telefon zur Hand, wählt sich in ihren Account ein und legt auch gleich los. Immerhin sind schon viele Fragen eingetrudelt. Dass es innerhalb der kommenden 60 Minuten 59 werden sollen, weiß die Polizistin in diesem Moment noch nicht.
Wortgewandt steht sie Rede und Antwort. Erzählt von ihrem dreijährigen Studium, welches sie nach Bautzen und Rothenburg führte. Dass sie nach dem Abitur am Großenhainer Werner-von-Siemens-Gymnasium zunächst ein freiwilliges soziales Jahr in einem Schulhort absolviert hat, spielt dabei keine Rolle. Auch nicht, dass ihr das begonnene Betriebswirtschaftsstudium zu trocken und in gewisser Weise langweilig vorgekommen ist.
Stattdessen beschreibt Jenny Thieme, was überraschend viele Chat-Besucher wissen wollen. Nein, vor der Ausbildung zur Polizistin sei sie keine große Sportskanone gewesen, habe den Aufnahmetest aber trotzdem bestanden. Inzwischen trainiere sie täglich, was auch der Kondition bei diversen Einsätzen zugute käme.
Angst davor, etwas nicht gleich auf Anhieb zu können, müsse niemand haben. Das sei wie in jedem Beruf, den man als junger Mensch eben erst erlernen würde. "Wenn wir die Geschwindigkeit von Autos gemessen oder einen Unfall aufgenommen haben, konnte ich mir auch viel von älteren Kollegen abschauen.
Ihre Erfahrung schätze ich auch heute noch sehr, besonders wenn es um den Umgang mit Leuten geht, die sich vielleicht in einem Streit befinden oder es eine sogenannte Bedrohungslage gibt, zu der wir als Polizei gerufen werden", bekennt Jenny Thieme.
Bereut habe sie die Entscheidung, Polizistin zu werden, bisher noch nicht. Einer verantwortungsvollen Tätigkeit nachzugehen, stets vor neue Herausforderungen gestellt zu werden, sei alles, was sie schon immer gewollt habe. Dass dabei nicht jeder Augenblick im Revier Großenhain filmreif sei, wäre klar - aber ein Tag zumindest so abwechslungsreich, dass es für tolle wöchentliche Sequenzen reichen würde.