Drei junge Frauen und ein Abitur

Großenhain. Das Klassentreffen in zehn Jahren könnte die Probe aufs Exempel werden. Waren Meier, Schulze, Lehmann damals wirklich mit auf der Schule, und haben sie alle im Frühjahr 2020 tatsächlich erfolgreich ihr Abitur bestanden? Gemeinsam mit Verena Herr, Leah Nagel und Luisa Lichy etwa das Zeugnis erhalten, welches ganz offiziell den erfolgreichen Weg auf dem Großenhainer Werner-von-Siemens-Gymnasium dokumentiert?
Immerhin: Vorzeigbare Fotos dieses Abschlussjahrgangs wird es vermutlich nicht geben. Erinnerungen an eine Mottowoche, den traditionellen Umzug durch die Röderstadt und einen feierlichen Ball, für den die schmucken Roben schon gekauft worden - alles Fehlanzeige. Kalauer über den legendären Abend im Schützenhaus am Tag der Zeugnisausgabe können wohl nicht hervorgezaubert werden, stattdessen umso mehr Geschichten über dieses besondere Abitur in besonderen Zeiten der Coronapandemie.
Dass nun zumindest schon der schriftliche Teil hinter ihnen liegt, beschert den jungen Frauen aus Welxande und Großenhain sichtlich ein Gefühl der Erleichterung. Auch wenn in den kommenden Wochen nun noch mündliche Prüfungen in Latein, Geschichte, Geographie oder Gemeinschaftskunde vor ihnen legen, sei wenigstens eine Etappe schon geschafft. "Anfangs war da eine große Unsicherheit! Als Mitte März plötzlich kein Unterricht mehr stattgefunden hat und wir von einem auf den anderen Tag völlig auf uns gestellt waren, kam schon die Frage auf, ob überhaupt die Prüfungen abgelegt werden können", bekennt Verena Herr.
Glücklicherweise habe sich alles schnell eingespielt. Dank der Schule und ihrer engagierten Lehrer sei man weniger auf sich gestellt gewesen als befürchtet, und nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten hätte sich auch die digitale Lernplattform Lernsax als recht kooperativ erwiesen. Was allerdings nicht darüber hinwegtäuschen solle, so Luisa Lichy, dass das häusliche Studium keineswegs mit einer gewohnten Wissensvermittlung und professionellen Erarbeitung im Unterricht zu vergleichen wäre. "Wir mussten in Deutsch beispielsweise zwei Bücher lesen und darüber dann einen kleinen Aufsatz schreiben. Auch wenn wir jederzeit die Möglichkeit hatten, uns mit Freunden oder Lehrern darüber auszutauschen, war es nicht das selbe", befindet die 18-Jährige.
Um wenigstens dem Gefühl von Schule etwas näherzukommen, sei ein geregelter Tagesablauf empfehlenswert. Nächtelang Fernsehen schauen, um dann mittags um zwölf aus dem Corona-Ferien-Bett zu krabbeln - keine Chance! Pünktlich aufstehen, ausgiebig frühstücken und dann ran an den Schreibtisch habe sich für Leah Nagel im nachhinein betrachtet durchaus als richtig erwiesen. "Ich habe mich sogar so angezogen, als ob ich aus dem Haus gehen würde! Das hat mich in gewisser Weise irgendwie selbst diszipliniert", verrät Leah Nagel und schüttelt lachend den Kopf.
Nein, einen Grund mit den infektionsbedingten Maßnahmen zu hadern, gebe es für die Schülerinnen nicht. Stattdessen sorgten sich alle drei darum, wie es nun weitergehe. Während Luisa Lichy im Herbst eigentlich mit ihrem Medizinstudium beginnen möchte, wollte Leah Nagel vor dem Gang in die Karlsruher Universität sechs Wochen nach Südafrika reisen und Verena Herr sogar für ein Jahr in Frankreich leben. Die Zusage für das freiwillige soziale Jahr in einer Schule habe sie zwar schon in der Tasche. Aber was wäre diese noch wert, wenn Lebenspläne plötzlich den Reproduktionszahlen für das Coronavirus unterliegen würden? Nun, in zehn Jahren beim Klassentreffen lässt sich diese Frage dann ganz sicher beantworten.
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