Augenarztpraxis schließt für immer

Großenhain. So mancher liest die Nachricht und verlässt das Gebäude ratlos. Andere Patienten sind komplett überrascht und sprachlos. Auch die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlässt so manches Kopfschütteln. "Ab 1. Juli 2020 ist die Augenarztpraxis für immer geschlossen!"
Dr. Ute-Evelin Guhr (63), die ihren Sitz in der Katharinengasse in Großenhain hatte, informiert ihre Patienten seit ein paar Wochen über diesen Schritt. Doch eben nur per Anrufbeantworter sowie dem Schild an der Praxistür. Für viele kommt der Rückzug überraschend, zumal die Medizinerin auch keinerlei Gründe dafür angibt.
So oder so: Die Stadträte der Linken Kerstin Lauterbach und Harald Kühne haben sich inzwischen an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) gewandt. Bürger hätten berichtet, dass es in Großenhain nicht möglich sei, einen Termin bei einer anderen Augenärztin zu bekommen. Betroffenen blieben nur aufwendige Fahrten nach Meißen, Riesa oder noch weiter. Ältere Menschen bräuchten dazu eine Begleitperson. "Ein unzumutbarer Zustand", so der Tenor.

Die KVS hat inzwischen auf den Brief der beiden Stadträte geantwortet. Darin wird klargestellt, dass Dr. Guhr seit 2008 nicht mehr als Vertragsärztin zugelassen, sondern ausschließlich privatärztlich tätig war. "Privatärztliche Praxen fallen nicht in unseren Zuständigkeitsbereich", so Burkhard Hentschel, Leiter der Abteilung Sicherstellung bei der KVS.
Entgegen früheren Informationen, wonach Großenhain im Durchschnitt überversorgt wäre, teilt die KVS jedoch auch mit, dass für den Planungsbereich Riesa-Großenhain bei Augenärzten 1,5 Stellen geöffnet sind, "so dass Neuzulassungen auch für die Stadt Großenhain möglich wären".
Niederlassungswillige Ärzte hätten demzufolge die Möglichkeit, entsprechende Anträge auf Zulassung bzw. Anstellung einzureichen. Entsprechende Bekanntmachungen würden durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Freistaat aller drei Monate, zuletzt am 30. Juli, erfolgen.
Danach könnten interessierte Ärzte innerhalb von acht Wochen einen Antrag auf Zulassung stellen und die nötigen Unterlagen einreichen. Erst nach Ablauf der acht Wochen könne über die Anträge entschieden werden.
Zwischen Antragstellung und Tätigkeitsaufnahme eines Arztes sei letztlich "ein Zeitraum von mindestens vier Monaten oder auch länger einzukalkulieren", so Burkhard Henschel. Letztlich aber sei entscheidend, ob überhaupt Ärzte Interesse bekunden.
Den Linken-Stadträten reicht das nicht aus. Alle, die sich verantwortlich fühlen, also auch die Stadt- und Kreisverwaltung, müssen an einem Strang ziehen", so Kerstin Lauterbach und Harald Kühne.
Auch mit den Elblandkliniken müsse gesprochen werden, um die Situation zeitnah zu entschärfen. Und so lange bleibt den Patienten nur die Empfehlung der früheren Augenärztin Ute-Evelin Guhr, sich in Notfällen an umliegende Augenärzte zu wenden, "bis ein neuer Kassen-Augenarzt die entstandene Lücke füllt".