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Kleines Jubiläum am Großen Galgenteich

Mit 75 Jahren ist das Gewässer noch jung. Doch in der kurzen Zeit hat es viel Wandel erlebt. Für den Bergbau angelegt, hat es heute eine ganz andere Funktion.

Von Egbert Kamprath
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Vor 75 Jahren wurde der erweiterte große Galgenteich zum ersten Mal aufgestaut. Die kleine Insel ist der Rest des alten Dammes.
Vor 75 Jahren wurde der erweiterte große Galgenteich zum ersten Mal aufgestaut. Die kleine Insel ist der Rest des alten Dammes. © Egbert Kamprath

Nach dem Pingenbruch am 24. Januar 1620 jährt sich in diesen Frühlingstagen zum 75. Mal das Aufstauen des erweiterten großen Galgenteichs. Das Kunstgewässer prägt seither und bis heute das Bild der Region. Die Entstehung haben alle der mittlerweile drei Teiche dem ständigen Bedarf der Bergwerke nach Wasser zu verdanken.

Die Entstehungszeit der ersten beiden noch deutlich kleineren Galgenteiche liegt um 1550 und damit deutlich eher. Mit deren Wasserkraft wurden die Gruben entwässert und die Pochwerke angetrieben. Woher der Name stammt, ist nicht mehr nachvollziehbar, da entsprechende Dokumente und Überlieferungen fehlen. Eine Richtstätte gab es an dieser Stelle jedenfalls wohl nicht, denn der Altenberger Galgen stand an der Galgenleithe an der Straße nach Hirschsprung. 

Nach Auskunft von Montanhistoriker Wolfgang Schilka sind viele Akten im Laufe der Jahrhunderte, vor allem aber nach dem Brand der Faktorei 1945 vernichtet worden. Der Altenberger hat sich intensiv mit der Geschichte der Galgenteiche beschäftigt, zu der auch immer wieder Trockenheit und Wassermangel gehörten. Der künstlich geschaffene Zulauf erfolgt zum einen über den Neugraben vom Georgenfelder Hochmoor und zum anderen über den Quergraben vom Kahleberggebiet aus.

In den 1920er-Jahren gab es auf dem großen Galgenteich sogar einen Ruderverein. 
In den 1920er-Jahren gab es auf dem großen Galgenteich sogar einen Ruderverein.  © Repro: Egbert Kamprath
Auch zu DDR-Zeiten konnte man per Boot die Wasserfläche erobern.
Auch zu DDR-Zeiten konnte man per Boot die Wasserfläche erobern. © Repro: Egbert Kamprath
Wegen des permanenten Wassermangels wurde 1988 mit dem Bau eines dritten Speichers begonnen. Für den Bergbau wurde er zu spät fertig, dafür beziehen die Bewohner der Region jetzt von hier ihr Trinkwasser. 
Wegen des permanenten Wassermangels wurde 1988 mit dem Bau eines dritten Speichers begonnen. Für den Bergbau wurde er zu spät fertig, dafür beziehen die Bewohner der Region jetzt von hier ihr Trinkwasser.  © Egbert Kamprath
Im Sommer 1990 trocknete der große Galgenteich komplett aus. Die Ruderboote lagen auf dem Grund. Für den Bergbau bedeutete das wochenlangen Stillstand. Wenige Monate später endete der Zinnabbau in Altenberg für immer.
Im Sommer 1990 trocknete der große Galgenteich komplett aus. Die Ruderboote lagen auf dem Grund. Für den Bergbau bedeutete das wochenlangen Stillstand. Wenige Monate später endete der Zinnabbau in Altenberg für immer. © Egbert Kamprath
Im Sommer 1990 konnte man zur Insel laufen.
Im Sommer 1990 konnte man zur Insel laufen. © Egbert Kamprath

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts und mit der zunehmenden Technisierung erhöhte sich der Wasserbedarf im Altenberger Bergbau immer mehr. Erste Pläne in den 1920er-Jahren, den großen Galgenteich auszubauen, scheiterten am sinkenden Zinnpreis. In den 1930er-Jahren stieg angesichts der deutschen Kriegsvorbereitungen auch die Zinnproduktion, was die Erweiterung der Wasserversorgung immer dringlicher machte. 

Am 20. Februar 1941 kündigte die Zwitterstocks AG den Baubeginn am großen Galgenteich an. Die Auftragsvergabe an die Dresdner Baufirma Funke erfolgte am 5. Mai 1941. Doch im dritten Kriegsjahr waren deutsche Bauarbeiter in den Firmen kaum noch vorhanden. Es begann einer der schwärzesten Abschnitte in der Geschichte der Zwitterstocks AG, denn die Verantwortlichen des Bergbaubetriebes machten Druck beim Reichswirtschaftsministerium, um Kriegsgefangene zugewiesen zu bekommen. 

Geplant war der Einsatz von 150 Franzosen. Letztendlich kamen aber nur sieben. Mit zehn deutschen und 40 tschechischen Arbeitern wurde begonnen, den acht Meter hohen und am Fuß bis zu 40 Meter breiten Damm zu errichten. Lehm und die Granitblöcke konnten vor Ort gewonnen werden.

Im Juli 1941, einen Monat nach dem Angriff auf die UdSSR, trafen die ersten 60 sowjetischen Kriegsgefangenen in Altenberg ein. Ihr Barackenlager befand sich auf dem Gelände des heutigen Campingplatzes. 1942 wurde das Kriegsgefangenenlager erweitert. Dort lebten mittlerweile 130 Kriegsgefangene und 75 sowjetische Zwangsarbeiter. Maßgeblich durch ihre Arbeit, das meiste mangels Technik per Hand mit Loren, wurde bis Oktober 1944 die Erweiterung des großen Galgenteiches abgeschlossen. 

Heute sichern die Galgenteiche die Trinkwasserversorgung

Das Fassungsvermögen war von 160.000 Kubikmetern auf 670.000 Kubikmeter, also das Vierfache, erhöht worden. Die tiefste Stelle liegt bei sechs Metern, im Schnitt sind es 3,5 Meter. Der alte Damm wurde anschließend zurückgebaut. Die Insel sowie die Halbinsel am Hauptdamm sind noch Relikte davon.

Allerdings gab es Ende 1944 zu wenig Niederschläge, sodass der große Galgenteich erst nach der Schneeschmelze im Frühjahr 1945 voll war. Doch das Wasser wurde mit dem Ende des Krieges plötzlich nicht mehr gebraucht, denn der Bergbaubetrieb kam zum Erliegen. Das Kriegsgefangenenlager wurde abgerissen und das Material für den Wiederaufbau der zerstörten Stadt verwendet.

Erst Ende 1946, Anfang 1947 wurde mit der Zinnerzförderung wieder begonnen. Doch auch mit dem vergrößerten Galgenteich konnte der Wasserbedarf für den Bergbau nicht immer gedeckt werden. 1988 und 1990 standen die Aufbereitungsanlagen über mehrere Wochen still. So wurde 1988 mit dem Bau des 3. Speichers begonnen. Zu dessen Fertigstellung 1992 existierte der Betrieb Zinnerz allerdings schon nicht mehr.

In Altenberg gab es nun Rückhaltebecken mit einer Gesamtkapazität von 1,8 Millionen Kubikmetern. Für diese bot sich aber eine neue Verwendung an. Die beiden großen Teiche dienen jetzt der sicheren Trinkwasserversorgung im Osterzgebirge. Die vergangenen trockenen Jahre haben gezeigt, dass diese Umnutzung genau die richtige Entscheidung war.

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